2.1 Überblick
Rz. 10
§ 15 befasst sich ausschließlich mit den Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Unter medizinischer Rehabilitation versteht man allgemein die (Wieder-)Herstellung von körperlichen und geistigen Funktionen und Fähigkeiten, damit der Betroffene soweit wie möglich uneingeschränkt aktiv am Erwerbsleben teilnehmen kann, denn für die gesetzliche Rentenversicherung steht wegen der §§ 9 und 10 SGB VI die Herstellung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit oder das Hinauszögern des Eintritts einer Erwerbsminderung im Vordergrund. Die medizinische Rehabilitation endet spätestens, wenn berufliche oder gesellschaftliche Teilhabeziele in den Vordergrund rücken.
Das Besondere an den medizinischen Rehabilitationsleistungen ist, dass
- das professionsübergreifende, qualifizierte Reha-Team nach einem ganzheitlichen Konzept "Hand in Hand" (interdisziplinär) arbeitet und
- die einzelnen Maßnahmen/Therapien zeitlich dicht gedrängt während einer oft drei- oder mehrwöchigen Rehabilitationsphase erbracht werden.
Die in Abs. 1 Satz 1 aufgeführten Einzelleistungen werden ausschließlich ambulant oder stationär in Rehabilitationseinrichtungen zur Verfügung gestellt. Bei der ambulanten Rehabilitation unterscheidet man zwischen der ganztägigen Rehabilitation (Dauer meist 3 bis 5 Mal die Woche zwischen 4 und 6 Stunden täglich) und der stundenweisen Rehabilitation (bei bestimmten Indikationen – wie die Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen – ausnahmsweise auch nur bis zu 2 Stunden täglich). Auch ein Wechsel der Behandlungsform (stationär, ganztägig ambulant) ist möglich, soweit dies im Einzelfall unter Berücksichtigung des jeweiligen Rehabilitationskonzepts und der individuellen Rehabilitationsziele zweckmäßig ist.
Rz. 11
Die Rehabilitation wird entweder in den Eigeneinrichtungen der Rentenversicherungsträger oder in zugelassenen Vertragseinrichtungen durchgeführt (§ 15 Abs. 3 bis 6). Der Rentenversicherungsträger kann mit der Durchführung der Rehabilitation auch Rehabilitationseinrichtungen im Ausland beauftragen, wenn die Rehabilitationsleistungen dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden können (vgl. § 31 Satz 1 SGB IX). Bei der Abwägung der Wirtschaftlichkeit sind alle anfallenden Kosten – einschließlich der Reisekosten, Unterkunfts- und Verpflegungskosten – in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen. Leistungen, deren Rahmenbedingungen und/oder deren Wirksamkeit zweifelhaft oder ungeklärt sind, kommen auch dann nicht in Betracht, wenn sie kostengünstiger sind – z. B. die organzentrierte Behandlung in Behandlungszentren am Toten Meer (Israel, Jordanien) bei Unterbringung in einem separaten Hotel (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil v. 25.6.2013, L 6 R 921/11).
Die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsleistung in einer Klinik, mit der kein Vertrag besteht, kommt nur dann als einzig rechtmäßige Entscheidung des Rentenversicherungsträgers in Betracht, wenn keine vom Rentenversicherungsträger selbst betriebene Einrichtung oder keine Vertragsklinik die erforderliche Maßnahme erbringen kann (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 23.6.2014, L 11 R 2199/14 ER-B).
Bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung hat der Versicherte ein speziell in § 15 Abs. 6a aufgeführtes Wunschrecht. Dieses geht über das nach § 8 SGB IX hinaus, weil der Rentenversicherungsträger nicht zu prüfen hat, ob der vom Leistungsberechtigten geäußerte Wunsch unter Berücksichtigung der persönlichen Lebenssituation, des Alters, des Geschlechts, der Familie sowie der religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse berechtigt ist. Vielmehr hat der Rentenversicherungsträger nur zu prüfen, ob der Wunsch gegen das Gesetz oder gegen sonstige notwendige Rahmenbedingungen verstößt; ansonsten ist dem Wunsch des Leistungsberechtigten bezüglich seiner Auswahl der Rehabilitationseinrichtung zu entsprechen. Wirtschaftlichkeitsgrundsätze und Wartezeiten spielen bei der Prüfung nur eine untergeordnete Rolle, sobald der Versicherte sein Wahlrecht ausgeübt hat.
Rz. 12
Nicht zu den medizinischen Leistungen i. S. d. § 15 gehört die sog. Kinderrehabilitation i. S. d. § 15a. Sie geht den Leistungen nach § 15 vor, weil sie speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten ist (z. B. Schulersatzunterricht, gezielte Behandlungskonzepte und -inhalte).
Rz. 13
Nicht zu den Leistungen nach § 15 zählen auch die onkologischen Wiederholungs-Rehabilitationsleistungen i. S. d. § 31 Abs. 1 Nr. 2, die bis zum Ablauf des 2. Jahres nach der "Ca-Primärbehandlung" durchgeführt werden können, sofern noch erhebliche Funktionsstörungen entweder durch die Tumorerkrankung selbst oder durch Komplikationen bzw. Therapiefolgen vorliegen.
Unbedeutend ist bei den Leistungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 auch, ob die Rehabilitationsleistung kurativen oder palliativen Zielen dienen soll. Durchgeführt werden die onkologischen Wiederholungs-Rehabilitationsleistungen i. d. R. in den gleichen Einrichtungen, in denen die erstmalige onkologische Rehabilit...