Rz. 7
Pflichtbeiträge, die aufgrund einer Versicherungspflicht kraft Gesetzes (§§ 1 bis 3) oder einer Antragspflichtversicherung (§ 4 Abs. 1 bis 3) gezahlt wurden, sind nach Abs. 1 der Vorschrift wirksam, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjährt der Anspruch auf Pflichtbeiträge grundsätzlich in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, ist die Frist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X auf den nächstfolgenden Werktag zu verlängern. Außerdem wird die nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu bestimmende Verjährungsfrist gemäß § 198 Satz 2 durch ein Beitrags- oder Rentenverfahren gehemmt; dabei endet die Hemmung 6 Monate nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens (§ 198 Satz 2 letzter HS, vgl. Komm. zu § 198 Rz. 11 und 12).
Die Fälligkeit von Pflichtbeiträgen ist in § 23 SGB IV geregelt. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu bemessen sind, spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die abhängige Beschäftigung bzw. die selbständige Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, ausgeübt worden ist. Für sonstige Pflichtbeiträge sieht § 23 SGB IV andere Zeitpunkte für die Fälligkeit der Beiträge vor (vgl. Komm. zu § 23 SGB IV). So sind z. B. Pflichtbeiträge aufgrund des Bezuges von Sozialleistungen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV erst am 8. des Folgemonats fällig.
Soweit Ansprüche auf Zahlung von Pflichtbeiträgen für abhängig Beschäftigte (§ 1, § 4 Abs. 1), selbständig Tätige (§ 2, § 4 Abs. 2) oder Vorruhestandsgeldbezieher (§ 3 Satz 1 Nr. 4) nach §§ 197 Abs. 1, 198 Satz 2 i. V. m. § 25 Abs. 1 SGB IV verjährt sind, ist – vorbehaltlich der Anwendung der in Abs. 3 enthaltenen Härteregelung (vgl. Komm. zu Rz. 13) – weder eine Beitragsforderung noch eine Beitragsannahme durch den Rentenversicherungsträger zulässig.
Nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht bezog sich die Verjährung nur auf Pflichtbeiträge für abhängig Beschäftigte und selbständig Tätige. In Anlehnung daran weichen die Rentenversicherungsträger in der Verwaltungspraxis vom strikten Annahmeverbot verjährter Pflichtbeiträge für sonstige Versicherte i. S. v. § 3 Satz 1 Nr. 1a bis 3a mit der Begründung ab, dass als Beitragsschuldner für diesen besonders schutzwürdigen Personenkreis i. d. R. öffentlich-rechtliche Stellen (z. B. gesetzliche Kranken- und Pflegekassen) in Betracht kommen. Demzufolge werden Pflichtbeiträge aufgrund einer Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a bis 3a von den Rentenversicherungsträgern trotz bereits eingetretener Verjährung noch angenommen, wenn ein Beitragsschuldner dies anbietet. Das gilt selbst dann, wenn es sich bei dem Beitragsschuldner im Einzelfall (z. B. bei Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a oder 3a) um ein privates Versicherungsunternehmen handelt. Versicherte, deren Versicherungskonten Lücken aufweisen, in denen die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a bis 3a vorgelegen haben, sollten deshalb die nachträgliche Zahlung der bereits verjährten Pflichtbeiträge beim jeweiligen Beitragsschuldner (z. B. der zuständigen Kranken- oder Pflegekasse) beantragen und ggf. einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend machen.
Rz. 8
Der Versicherte A übt seit dem 1.12.2018 eine nach § 2 Satz 1 Nr. 8 versicherte selbständige Tätigkeit als Handwerker aus und zahlte für die Zeit ab 1.1.2019 regelmäßig und jeweils rechtzeitig im Zeitpunkt der Fälligkeit (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) Pflichtbeiträge an den für ihn zuständigen Rentenversicherungsträger in ordnungsgemäßer Höhe (§ 165).
Am 17.7.2023 (Tag der Wertstellung) ging beim Rentenversicherungsträger außerdem der Pflichtbeitrag für den Monat Dezember 2018 mit dem Hinweis ein, dass dieser Beitrag vom Versicherten in der Vergangenheit versehentlich nicht überwiesen worden ist.
Lösung:
Der Beitrag für den Monat Dezember 2018 wurde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV am drittletzten Bankarbeitstag des Monats Dezember 2018 fällig.
Die Verjährungsfrist für die Zahlung dieses Pflichtbeitrags umfasst damit gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Zeit vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2022 (= Samstag). Da das Ende der Frist auf einen Samstag fällt, ist diese gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X auf den nächstfolgenden Werktag zu verlängern; danach ergibt sich eine Verjährungsfrist vom 1.1.2019 bis zum 2.1.2023.
Der am 17.7.2023 beim Rentenversicherungsträger eingegangene Pflichtbeitrag für den Monat Dezember 2018 wurde nicht fristgerecht gezahlt und ist daher nach Abs. 1 der Vorschrift unwirksam. Anhaltspunkte für die Anwendung der in Abs. 3 enthaltenen Härteregelung ergeben sich im vorliegenden Beispiel nicht.
Der für den Monat Dezember 2018 gezahlte Beitrag ist daher zu beanstanden und dem Versicherten zu erstatten (§ 26 Abs. 2 SGB IV).
Der Versicherte B erfüllte ...