Rz. 26
Sofern kein Arbeitseinkommen erzielt wird, sind die Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit nach § 8 SGB IV zu prüfen, wobei Ausnahmeregelungen für bestimmte Personenkreise (z. B. Existenzgründungszuschussbezieher und Personen, die unter die Übergangsregelung des § 229 Abs. 6 fallen) zu beachten sind (GRA der DRV zu § 2 SGB VI, Stand: 7.12.2023, Anm. 3.2.3).
Rz. 27
Die generelle Versicherungsfreiheit geringfügig selbstständig Tätiger ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, der anordnet, dass versicherungsfrei auch die Personen sind, die eine geringfügige selbstständige Tätigkeit nach § 8 Abs. 3 SGB IV i. V. m. § 8 Abs. 1 SGB IV oder nach § 8 Abs. 3 SGB IV i. V. m. den §§ 8a und 8 Abs. 1 SGB IV ausüben.
Rz. 28
Die Feststellung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit nach § 8 Abs. 3 SGB IV i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV hat im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtung zu erfolgen (BSG, Urteil v. 27.7.2011, B 12 R 15/09 R). Besteht aus der ex ante Betrachtung eine Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, kommt es grundsätzlich auf die Erfüllung eines Versicherungspflichttatbestandes nach § 2 nicht mehr an (vgl. zum Vorrang der Versicherungsfreiheit auch unter Rz. 167 f. – Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherungspflicht; vgl. zum Befreiungstatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 im Übrigen die Komm. zu § 5).
Rz. 29
Liegt eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit nicht vor und ist ein Versicherungspflichttatbestand nach § 2 erfüllt, ist ein tatsächliches Unterschreiten eines Arbeitseinkommens nach § 15 SGB IV unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze i. d. R. unbeachtlich, da allein eine Gewinnerzielungsabsicht ausreicht und es gerade nicht erforderlich ist, dass tatsächlich positive Einkünfte erzielt werden (BSG, Urteil v. 23.4.2015, B 5 RE 21/14 R, Rz. 21 m. w. N.; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 8.12.2017, L 4 R 5045/15, Rz. 42). Schwankungen im erzielten Arbeitseinkommen, das monatsweise unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 450,00 EUR liegt, führt daher auch nicht zum nachträglichen (monatsweisen) Entfall der Versicherungspflicht.
Rz. 30
Dennoch kann es Fallkonstellationen geben, in denen kein Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB IV (mehr) erzielt wird, das die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 SGB VI i. V. m. § 8 Abs. 3 SGB IV übersteigt und damit sich das Wesen der selbstständigen Tätigkeit ändert. Daher kann die Versicherungspflicht dann enden, wenn der selbstständig Tätige voraussichtlich künftig auf Dauer kein Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB IV mehr oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze erzielt.
Rz. 31
Abzustellen ist dabei auf das Jahreseinkommen des selbstständigen Tätigen (so i.E. zutreffend auch Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/2015, § 2 SGB VI, Rz. 104). Maßgeblich zur Feststellung einer Unterschreitung der Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV i. V. m. § 8 Abs. 3 SGB IV – aktuell 5.400,00 EUR jährliches Arbeitseinkommen (12 x 450,00 EUR monatlich) – ist der einschlägige Steuerbescheid.
Rz. 32
Dabei scheidet jedoch eine rückwirkende Änderung – also insbesondere ein rückwirkender Eintritt der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit – aufgrund des sich aus einem später vorgelegten Einkommensteuerbescheid ergebenden Arbeitseinkommens (das von dem früheren gewissenhaft geschätzten Arbeitseinkommen abweicht) aus, da für die Prüfung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit immer auf die aktuellen Verhältnisse – zeitnah – abzustellen und eine Entscheidung zu treffen ist (so auch die zutreffende Praxis der DRV, vgl. GRA der DRV zu § 5 SGB VI, Stand: 16.1.2017, Anm. 3.4.2.). Schwankungen im erzielten Arbeitseinkommen, das monatsweise unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 450,00 EUR liegt, führt daher auch nicht zum nachträglichen (monatsweisen) Entfall der Versicherungspflicht.
Rz. 33
Für die Feststellung einer auf die Zukunft gerichteten Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, der eine einmal vom Rentenversicherungsträger festgestellte Versicherungspflicht nach § 2 beendet, kommt dem Arbeitseinkommen in der Vergangenheit nur Indizwirkung zu. Auch in diesen Fällen muss eine vorausschauende Schätzung des (künftigen) Arbeitseinkommens erfolgen (auch insoweit kann auf die Komm. zu § 5 verwiesen werden).