Rz. 1a
Kindererziehungszeiten wurden durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz (HEZG) v. 11.7.1985 (BGBl. I S. 1450) mit Wirkung zum 1.1.1986 als rentenrechtlich relevante Zeiten eingeführt, die sowohl eine anspruchsbegründende als auch eine rentensteigernde Wirkung haben. Dabei sah das HEZG die Anerkennung von Kindererziehungszeiten lediglich für die ersten 12 Kalendermonate nach dem Geburtsmonat eines Kindes vor. Darüber hinaus galten die für Zeiten vor dem 1.1.1986 anzurechnenden Kindererziehungszeiten als "Versicherungszeiten eigener Art" (§ 1251a RVO, § 28a AVG, § 51a RKG) und nur die zeitlich nach dem 31.12.1985 liegenden Kindererziehungszeiten als "Pflichtbeitragszeiten" (§ 1227a RVO, § 2a AVG, § 29a RKG). Seit dem Inkrafttreten des SGB VI v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) zum 1.1.1992 ergeben sich die Voraussetzungen für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten aus § 56 Abs. 1 bis 4 und deren zeitlicher Umfang in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Geburt des jeweiligen Kindes (vor dem 1.1.1992 oder nach dem 31.12.1991) aus § 56 Abs. 5 oder § 249 Abs. 1. Außerdem sind sämtliche Kindererziehungszeiten mit Wirkung zum 1.1.1992 als Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 anzuerkennen, und zwar unabhängig davon, in welchem Zeitraum sie zurückgelegt worden sind.
Die in Abs. 1 bis 4 der Vorschrift enthaltenen Voraussetzungen zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten entsprechen im Wesentlichen den durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz (HEZG) v. 11.7.1985 (BGBl. I S. 1450) eingeführten rentenrechtlichen Regelungen. Entgegen dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht, nach dem für jedes Kind Kindererziehungszeiten von 12 Kalendermonaten zu berücksichtigen waren, wurde der Umfang der anzurechnenden Kindererziehungszeiten durch Abs. 5 für nach dem 31.12.1991 geborene Kinder auf 36 Kalendermonate angehoben. Für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder ergibt sich der Umfang der anzurechnenden Kindererziehungszeiten aus § 249 Abs. 1 in der jeweiligen Fassung (bei Rentenbeginn bis 30.6.2014 = 12 KM, vom 1.7.2014 bis 31.12.2018 = 24 KM, ab 1.1.2019 = 30 KM, vgl. hierzu Komm. zu § 249 Abs. 1).
Abs. 1 benennt die Voraussetzungen für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach Abs. 1 Satz 1 ist einem Elternteil für Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten 3 Lebensjahren eine Kindererziehungszeit anzurechnen, wenn in dieser Zeit die in Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen vorliegen.
Im Einzelnen handelt es sich hierbei um die folgenden Voraussetzungen:
- Die Kindererziehungszeit muss dem Versicherten als erziehendem Elternteil i. S. v. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB I zuzuordnen sein (Abs. 2),
- die Erziehung des Kindes muss während der für das jeweilige Kind maßgebenden (Primär-) Kindererziehungszeit im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sein oder einer solchen gleichstehen (Abs. 3) und
- der erziehende Elternteil darf während der jeweiligen (Primär-) Kindererziehungszeit nicht dem Personenkreis angehören, der von der Anerkennung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen ist (Abs. 4).
Die Staatsangehörigkeit des erziehenden Elternteils oder des Kindes ist für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht rechtserheblich.
Rz. 1b
Bei Vorliegen der in Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen besteht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 für die Dauer der anzurechnenden Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherungspflicht als "sonstiger Versicherter", die gemäß §§ 157 ff. grundsätzlich auch eine Beitragspflicht zur Folge hat. Für Kindererziehungszeiten bis zum 31.5.1999 erfolgte allerdings tatsächlich keine Beitragszahlung bei Vorliegen von Versicherungspflicht wegen Kindererziehung; die Aufwendungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehungszeiten wurden vielmehr durch den Bund im Rahmen des allgemeinen Bundeszuschusses pauschal erstattet (§ 213 a. F.), sodass bis zu diesem Zeitpunkt die Beitragsfiktion des § 55 Abs. 1 Satz 2 für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten einschlägig ist. Bei Eintritt von Versicherungspflicht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 für zeitlich nach dem 31.5.1999 zurückgelegte Kindererziehungszeiten erfolgt dagegen eine tatsächliche Beitragszahlung. Die Beiträge sind gemäß § 170 Abs. 1 Nr. 1 vom Bund zu tragen, wobei sich die Zahlungsmodalitäten aus § 177 Abs. 1 bis 4 ergeben. Leistungsrechtlich sind nach dem 31.5.1999 zurückgelegte Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Satz 1 anzuerkennen.
Rz. 1c
§ 56 korrespondiert mit § 249, § 249a (vgl. Komm. zu § 249, 249a), § 28b FRG und § 12a WGSVG.
Für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten steht bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Bundesgebiet gleich (§ 28b Satz 1 FRG). Außerdem sehen § 28b Satz 2 und 3 FRG Sonderregelung...