Rz. 17
Für Kindererziehungszeiten i. S. v. § 56 besteht seit dem 1.1.1986 (Inkrafttreten des HEZG v. 11.7.1985, BGBl. I S. 1450) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar ab 1.1.1992 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 als sonstige Versicherte und bis zum 31.12.1991 gemäß § 1227a RVO, § 2a AVG, § 29a RKG. Vor dem 1.1.1986 zurückgelegte Kindererziehungszeiten galten nach den bis zum 31.12.1991 einschlägigen Rechtsgrundlagen zunächst als "Versicherungszeiten eigener Art" (§ 1251a RVO, § 28a AVG, § 51 a RKG); seit dem Inkrafttreten des SGB VI v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) zum 1.1.1992 werden Kindererziehungszeiten nunmehr insgesamt als Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt, und zwar unabhängig davon, ob sie vor dem 1.1.1986 oder nach dem 31.12.1985 zurückgelegt worden sind.
Die Finanzierung von Kindererziehungszeiten erfolgte für Zeiten vor dem 1.6.1999 durch eine pauschale Erstattung der Aufwendungen der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des allgemeinen Bundeszuschusses (§ 213 a. F.). Erst für nach dem 31.5.1999 zurückgelegte Kindererziehungszeiten werden tatsächlich Beiträge durch den Bund gezahlt (§ 170 Abs. 1 Nr. 1, § 177 Abs. 1 bis 4). Daraus folgt, dass Kindererziehungszeiten nach geltendem Recht
in der gesetzlichen Rentenversicherung anzuerkennen sind.
Leistungsrechtlich wirken sich Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Kindererziehungszeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Satz 1 oder 2 wie folgt aus:
- Berücksichtigung bei Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe gemäß § 11,
- Begründung der Versicherteneigenschaft als generelle Voraussetzung für Rentenansprüche,
- Anrechnung bei Prüfung der Wartezeiten für Ansprüche auf Versicherten- und Hinterbliebenenrenten gemäß § 50 Abs. 1, 2, 4 und 5 i. V. m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 (mit Ausnahme der Wartezeit von 25 Jahren mit ständigen Arbeiten unter Tage gemäß § 50 Abs. 3, § 51 Abs. 2) sowie der vorzeitigen Wartzeiterfüllung gemäß § 53 Abs. 1 und 2 (= Gleichstellung von Kindererziehungszeiten gemäß § 53 Abs. 3 Nr. 2 mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung/Tätigkeit),
- Anerkennung als gleichgestellte Pflichtbeitragszeit (§ 55 Abs. 2 Nr. 2) bei Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (sog. 3/5 Deckung) für einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2),
- Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten gemäß § 70 Abs. 2, § 83 Abs. 1; dabei findet bei einem Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten mit sonstigen Beitragszeiten eine additive Anrechnung der Entgeltpunkte bis zu den Höchstwerten der Anlage 2b zum SGB VI statt (§ 70 Abs. 2 Satz 2, § 83 Abs. 1 Satz 2 und 3),
- Einfluss auf die Höhe des Gesamtleistungswertes für beitragsfreie Zeiten gemäß § 72 Abs. 1, § 84 Abs. 1 (bei Bestimmung der Summe der Entgeltpunkte für Beitrags- und Berücksichtigungszeiten) sowie auf den Zuschlag an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 71 Abs. 2, § 84 Abs. 2 und 3,
- Auswirkung auf die Höhe des Zuschlags an Entgeltpunkten für Waisenrenten gemäß § 78 Abs. 1.
Rz. 17a
Versicherungs- und beitragsrechtlich sind Kindererziehungszeiten in folgenden Fällen relevant:
- Für die Dauer einer nach § 56 Abs. 5 Satz 1 und 2 anzurechnenden Kindererziehungszeit besteht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, die gemäß § 170 Abs. 1 Nr. 1 eine Beitragspflicht des Bundes zur Folge hat.
- Berücksichtigung der anzurechnenden Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung bei Prüfung des Nachweises von 18 Jahren mit Pflichtbeitragszeiten für eine Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4.
- Ausschluss der Zahlung von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung neben zeitgleichen Kindererziehungszeiten gemäß § 7 Abs. 1 (gilt nur für freiwillige Beiträge ab 1.1.1986; vor Einführung der Kindererziehungszeiten bis zum 31.12.1985 gezahlte freiwillige Beiträge werden weiterhin als wirksam gezahlte Beiträge anerkannt und erhalten Entgeltpunkte gemäß § 70 Abs. 1 sowie zusätzlich Entgeltpunkte für Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Kindererziehung gemäß § 70 Abs. 2).
Bei Prüfung der Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit i. S. v. § 58 Abs. 2 für die Anerkennung von Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 bis 3a stehen Kindererziehungszeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nicht gleich; sie kommen aber als anschlusswahrende Überbrückungstatbestände in Betracht. Insoweit wird auf die Komm. zu § 58 Abs. 2 verwiesen.