Rz. 28
Nach Nr. 1 dürfen Sozialdaten bei den in § 35 SGB I genannten Stellen oder den ihnen nach § 69 Abs. 2 gleichgestellten Stellen auch ohne Mitwirkung der betroffenen Person erhoben werden, wenn die nachfolgenden 3 Bedingungen erfüllt sind, also wenn
- diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
- die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
- keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.
Rz. 29
Die übermittelnde Stelle dürfte regelmäßig zur Übermittlung nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 berechtigt sein (Buchst. a).
Rz. 30
In der Praxis dürfte Buchst. b die größte Bedeutung zukommen, also der Abwägung, ob die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Füllen betroffene Personen den Antrag einer Stelle nach § 35 SGB I oder nach § 69 Abs. 2 SGB X aus, ist davon auszugehen, dass sie alle vorhandenen Informationen angegeben und Unterlagen beigefügt haben; eine nochmalige Erhebung/Nachfrage wird als unverhältnismäßig angesehen. Anders ist es zu bewerten, wenn im Laufe der Bearbeitung des Antrages Daten benötigt werden, nach denen im Antrag bisher nicht gefragt wurde. Hier ist regelmäßig eine Erst(Direkt-)erhebung bei der betroffenen Person erforderlich.
Rz. 31
Bei der Bewertung der Interessen der betroffenen Person (Buchst. c) kann sich der Verantwortliche auf eine summarische Prüfung beschränken. Entscheidend ist, dass keine "Anhaltspunkte" bestehen, dass die überwiegenden schutzwürdigenden Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden. Dies bedeutet, dass im Allgemeinen lediglich das bereits vorliegende Wissen zu berücksichtigen ist; es besteht keine Verpflichtung besondere Ermittlungen anzustellen, um den Sachverhalt umfassend daraufhin zu erforschen, welche Interessen der betroffenen Person bestehen könnten. Näheres zu den schutzwürdigen Interessen kann der Komm. zu § 68 entnommen werden.
Regelmäßig werden die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person durch die Datenerhebung eines Sozialleistungsträgers nicht beeinträchtigt. Diese Voraussetzung kann als erfüllt angesehen werden, wenn die Stelle nach § 35 SGB I für eine gesetzliche Aufgabe ermittelt, sich dabei streng an das Erforderlichkeitsgebot hält und die betroffene Person keinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck gebracht hat. Letzteres kann z. B. bei besonderen Schutzbedürfnissen u. a. nach dem Zeugenschutzharmonisierungsgesetz (ZSHG) der Fall sein.