Rz. 53
Gast einer Fischerei oder Jagd ist, wer mit Erlaubnis, z. B. auf Einladung des Ausübungsberechtigten, fischt oder jagt. Jagdausübungsberechtigt ist der Eigentümer des Grundstücks oder der Jagdpächter. Alle jagd- und fischereibezogenen Begriffe ergeben sich nach der Rechtsprechung des BSG aus den Vorschriften des Bundesjagdgesetzes und den landesrechtlichen Jagdvorschriften sowie den landesrechtlichen Fischereivorschriften (BSG, Urteil v. 15.12.1982, 2 RU 5/82). Die jeweiligen Landesgesetze finden sich in Schlegelberger, Das Recht der Gegenwart, Loseblattsammlung, unter dem Stichwort Fischerei. Wie nach dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht, §§ 543, 542 RVO, kommt es nicht darauf an, ob die Jagd entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird (BT-Drs. 13/2204 S. 76 zu § 4). Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob der Gast allein, in Begleitung Dritter oder des Ausübungsberechtigten tätig wird.
Rz. 54
Wichtig ist die Abgrenzung zwischen der (privaten) nicht versicherten und der abhängig beschäftigten Jagdausübung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder den arbeitnehmerähnlichen Personen gemäß § 2 Abs. 2. Für diese Unterscheidung ist auf die konkret zum Unfall führende Tätigkeit abzustellen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.2.2010, L 3 U 137/09; LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 6.3.1996, L 8 U 59/95).
Beispiele:
- Nimmt T als Treiber unentgeltlich an einer Treibjagd teil, steht er bei dem sich anschließenden alten Jagdbrauch des "Schüsseltreibens" – der Einnahme von Speisen und Getränken – nach Beendigung der Jagd nicht unter Versicherungsschutz (vgl. BSG, Urteil v. 12.4.2005, B 2 U 5/04 R).
- Ein Jagdgast, der im Moment des Unfalls wegen äußerer Umstände, weil zu wenige Jagdhelfer und zu viel Schwarzwild vorhanden sind, in einer akuten Situation vor Ort als Treiberschütze eingesetzt worden ist und damit auch eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet hat, steht nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 als sog. Wie-Beschäftigter unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, da die eigenwirtschaftlichen Interessen an der Jagdteilnahme, insbesondere die Jagdfreude, weiterhin im Vordergrund standen. Er steht nicht unter Versicherungsschutz (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.2.2010, L 3 U 137/09).
Rz. 55
Ob eine versicherungsfreie Betätigung als Jagd- oder Fischereigast vorliegt, ist anhand der Handlungstendenz zu entscheiden (BSG, Urteil v. 12.4.2005, B 2 U 5/04 R). Wer aus Neugier, Jagdfreude oder gesellschaftlichem Anlass jagt oder fischt, ist Jagd- bzw. Fischereigast; mag es auch der Jagd- oder Fischereipächter auf einer fremden Jagd sein. Insoweit stellt § 3 Abs. 2 Nr. 3 eine Spezialregelung dar, die eine Zuordnung zum privaten unversicherten Bereich trifft. Allein in der Erfüllung der Abschussquote des Jagdpächters liegt noch keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 2. Gleiches gilt für die notwendige Mitwirkung von Jägern als Treiber und die Mitwirkung bei der Hege, z. B. der Wildfütterung oder der Reparatur eines Hochsitzes etc. (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.2.2010, L 3 U 137/09; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 26.11.1992, L 3 U 32/92; BSG, Urteil v. 15.12.1982, 2 RU 5/82; BSG, Urteil v. 30.4.1971, 7/2 RU 268/68). Demgegenüber hat das BSG (Urteil v. 12.4.2005, B 2 U 5/04 R) einen Treiber und das LSG Schleswig-Holstein den konkret als Treiber eingesetzten Teilnehmer an einer Treibjagd als versicherte arbeitnehmerähnliche Person nach § 2 Abs. 2 angesehen, obwohl er – im Fall des LSG Schleswig-Holstein mit Jagdhund und Gewehr auf Einladung des Jagdberechtigten – an der Jagd teilnahm und nach Abschluss des Treibens bei der Nachsuche u. U. Wild erlegt hätte (LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 6.3.1996).
Rz. 56
Treiber oder angestellte Aufseher sind keine Jagdgäste. Ebenso wenig die Fischerei- oder Jagdpächter in eigener Pacht; denn sie sind pflichtversicherte landwirtschaftliche Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a. Versicherungspflicht besteht zuletzt auch bei allen in rechtlich wesentlichem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit einer anderen versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtungen.
Ein auf Wildgerichte spezialisierter Gastwirt, der zwar Jagdgast ist, aber das erlegte Wild selbst im Betrieb verwenden will, ist nach § 3 in seinem Gastwirtsunternehmen versichert (BSG, Urteil v. 27.8.1981, 2 RU 23/80).