Prozesskostenkalkulation unterstützt die Grenzkostenkalkulation
Eine aussagefähigere Plankalkulation als die der reinen Grenzkostenkalkulation lässt sich durch Kombination von Elementen der GPKR mit Elementen der Prozesskostenrechnung erstellen. Die Kalkulation der Fertigungskosten ohne indirekte Bereiche und ohne Rüstkosten verbleibt bei der GPKR, die mit ihrem differenzierten System direkter Bezugsgrößen für den Fertigungsbereich zufrieden stellende Ergebnisse erzielt. Für die fertigungsunterstützenden indirekten Bereiche und für Rüstprozesse sowie für die Material-, Vertriebs- und evtl. auch Verwaltungsbereiche kann die Prozesskostenkalkulation wertvolle Unterstützung leisten.
Das Beanspruchungsprinzip ist nicht für alle Hauptprozesse anwendbar
In der Prozesskostenrechnung werden Kalkulationssätze für alle Hauptprozesse ermittelt, indem die Hauptprozesskosten durch die Kostentreibermenge dividiert werden. Für eine Zurechnung von Prozesskosten auf Kostenträgereinheiten nach dem Beanspruchungsprinzip dürfen nur die, in der Terminologie der Prozesskostenrechnung als lmi-Kosten (leistungsmengeninduzierte Kosten) bezeichneten, Nutzkosten verwendet werden, da nur für diese ein funktionaler Zusammenhang zwischen Nutzkosten und Kostentreibern besteht. Weiterhin muss für die Zurechnung von Prozesskosten auf Kostenträgereinheiten der Prozesskostensatz zusätzlich Ausdruck einer funktionalen Beziehung zwischen Kostenträgereinheiten und Kostentreibern sein. Auch in der Prozesskostenrechnung wird dabei unterstellt, dass dieser funktionale Zusammenhang in proportionaler Form vorliegt. Eine genauere Betrachtung von Hauptprozessen zeigt aber, dass diese für alle möglichen Bezugsobjektebenen der betrieblichen Leistung anfallen können (vgl. Abb. 2).
Hauptprozess |
Kostentreiber [Anzahl...] |
Prozessart |
Material beschaffen |
Bestellungen |
auftragsbezogen |
Fertigung steuern |
Arbeitsplanpositionen |
auftragsbezogen |
Auftragsabwicklung |
Aufträge |
auftragsbezogen |
Teile verwalten |
Teilenummern |
produktbezogen |
Varianten verwalten |
Varianten |
produktbezogen |
Neuteile einführen |
Neuteile |
produktlebenszyklusbezogen |
Neuprodukte einführen |
Neuprodukte |
produktlebenszyklusbezogen |
Personal betreuen |
Mitarbeiter |
programmbezogen |
Lohn- und Gehaltsabrechnung |
Abrechnungen |
programmbezogen |
Kostenplanung und -kontrolle |
Bezugsgrößen |
programmbezogen |
Abb. 2: Typische Hauptprozesse im Überblick
Streng genommen können nur für produkteinheitenbezogene Prozesse die Kosten nach dem Beanspruchungsprinzip auf die Kostenträger zugerechnet werden (z. B. Hauptprozess "Qualitätssicherung" bei einer 100 %-Prüfung mit Kostentreiber "Produktmenge"). Allerdings weisen nur die wenigsten Prozesse einen derartigen Kostenträgerbezug auf. Produkteinheitenbezogene Hauptprozesse sind daher in Abb. 2 nicht aufgeführt.
Auftragsbezogene Prozesse beinhalten alle Tätigkeiten zur Abwicklung von Beschaffungs-, Produktions- oder Vertriebsaufträgen. Sie werden deshalb auch als Abwicklungsprozesse bezeichnet. Die Abwicklungsprozesskosten sind damit abhängig von der Anzahl der Aufträge, aber unabhängig von der Anzahl der Einheiten, die der Auftrag umfasst. Abwicklungsprozesskosten können nach dem Beanspruchungsprinzip den einzelnen Aufträgen und nur bei (hinreichend) konstanten Auftragsgrößen auch den Kostenträgereinheiten zugerechnet werden.
Produktbezogene Prozesse setzen sich aus Tätigkeiten zusammen, die durch die bloße Existenz von Produkten oder Einzelteilen anfallen. Es handelt sich dabei um Tätigkeiten, die nach Einführung einer neuen Variante oder eines neuen Teils permanent notwendig sind, damit ein Produkt überhaupt produziert und verkauft werden kann. Diese Tätigkeiten fallen daher grundsätzlich auch dann an, wenn in einer Periode weder Produktion noch Verkauf von Produkten stattfinden. Diese Prozesse werden auch als Betreuungsprozesse bezeichnet. Die Betreuungsprozesskosten sind sowohl unabhängig von der Produktionsmenge als auch von der Zahl der Aufträge. Sie können daher auf Kostenträgereinheiten nur mithilfe des Durchschnittsprinzips zugerechnet werden.
Produktlebenszyklusbezogene Prozesse bestehen aus administrativ-planerischen Tätigkeiten in der Produktentwicklungsphase. Die Konstruktions- und Entwicklungstätigkeiten selbst sind nicht Bestandteil dieser Prozesse. Produktlebenszyklusbezogene Prozesse werden auch als Vorleistungsprozesse bezeichnet. Anders als die produktbezogenen Prozesse, werden Vorleistungsprozesse nur einmalig durchgeführt. Typische derartige Prozesse sind "Neuteile einführen" oder "Neuprodukte einführen" mit Tätigkeiten wie "Arbeitspläne erstellen" oder "Wartungspläne erstellen". Diese Kosten sind unabhängig von der Produktionsmenge, der Zahl der Aufträge und der Anzahl der Perioden, in denen das Produkt verkauft wird. Sie können den einzelnen Produkteinheiten nur mithilfe des Durchschnittsprinzips zugerechnet werden, indem die Vorleistungsprozesskosten der Periode durch die gesamte Produktionsmenge während der ganzen Lebensdauer der entsprechenden Produktart dividi...