Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Für die Schätzung des Werts des Grund und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann nach der Rechtsprechung des BFH die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 19.5.2010 in der geänderten Fassung v. 14.7.2021 herangezogen werden, denn sie enthält anerkannte Grundsätze für die Schätzung von Verkehrswerten von Grundstücken. In der Praxis gelten diese Bewertungsvorschriften auch für Bausachverständige, Behörden und Gerichte bei der Ermittlung von Verkehrswerten von Grundstücken.
Nach den Bestimmungen der ImmoWertV ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens (einschließlich des Verfahrens zur Bodenwertermittlung), des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln. Die Verfahren sind nach der Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zur Verfügung stehenden Daten, zu wählen; die Wahl ist zu begründen. Dabei stehen die – nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu wählenden – Wertermittlungsverfahren einander gleichwertig gegenüber. Der Verkehrswert ist sodann aus dem Ergebnis des oder der herangezogenen Verfahren unter Würdigung seines oder ihrer Aussagefähigkeit zu ermitteln.
Das Vergleichswert-, Ertragswert- oder das Sachwertverfahren stehen gleichwertig nebeneinander. Welchem Ermittlungsverfahren der Vorzug zu geben ist, ist aus den Gegebenheiten des Einzelfalls zu entscheiden. Allerdings hat der BFH das Vergleichswertverfahren für die Ermittlung des Gebäudewerts für steuerliche Zwecke als ungeeignet verworfen. Das Vergleichswertverfahren sei mit dem Gebot der Einzelbewertung nach § 6 EStG, das auch bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gilt, nicht vereinbar.
Bindung an die Sachverhaltsfeststellung des FG
Im Ertragsteuerrecht fließen die Grundstücksbewertungen, z. B. Aufteilung eines Gesamtkaufpreises, in die Veranlagung ein und werden Bestandteil eines Steuerbescheids. Einwendungen gegen die vom Finanzamt vorgenommene Aufteilung eines Gesamtkaufpreises sind daher im Rahmen eines Einspruchs gegen den entsprechenden Steuerbescheid zu führen.
In einem gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren ist zu beachten, dass die Ermittlung des Boden- und Gebäudewerts Teil der Sachverhaltsfeststellung durch das FG ist, die für den BFH als Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Der BFH überprüft lediglich, ob das FG bei seiner Wertermittlung die zutreffende Methode angewandt hat bzw. ob bei Heranziehung der ImmoWertV die (rechtlichen) Vorgaben der maßgeblichen Bestimmung (z. B. § 6 ImmoWertV) beachtet worden sind. Er kann als Revisionsgericht die Schätzung der Bemessungsgrundlage für die AfA nicht selbst vornehmen.
Der BFH hat in seinem Urteil v. 20.9.2022 hervorgehoben, dass sich aus seiner bisherigen Rechtsprechung kein steuerrechtlicher – insbesondere kein typisierender – Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten ergibt. Das bedeutet, dass sich die Wahl der Ermittlungsmethode einer Verallgemeinerung schon dem Grunde nach entzieht und auch nicht auf ein -"fallgruppenspezifisch vorrangiges"- Wertermittlungsverfahren beschränkt werden kann; denn einen von der Beurteilung im Einzelfall unabhängigen "Vorrang" einzelner Bewertungsmethoden bei bestimmten Objektarten kann es – so der BFH – schon von Gesetzes wegen nicht geben. Soweit aus einzelnen Formulierungen älterer Senatsentscheidungen etwas Gegenteiliges gefolgert werden könnte, hält er hieran nicht fest; insbesondere besteht auch keine Rechtfertigung für eine vorrangige Anwendung des Sachwertverfahrens.
Aus den Bestimmungen der ImmoWertV ergibt sich kein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV sind die Wertermittlungsverfahren vielmehr nach der Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu wählen. Die ImmowertV ist auch nicht abschließend; es besteht – so der BFH – die Möglichkeit, Wertermittlungsverfahren weiterzuentwickeln oder neue Verfahren zu entwickeln.
Keine Anwendung der sog. Restwertmethode
Eine Schätzung nach der sog. Restwertmethode wird von der Rechtsprechung abgelehnt; dies hat der BFH mit Urteil v. 10.10.2000 nochmals bestätigt. Bei dieser Methode wird zunächst der Wert für ein einzelnes Wirtschaftsgut, z. B. für das Gebäude bei einem bebauten Grundstück ermittelt und dann vom Gesamtkaufpreis abgezogen; der Restbetrag (Restwert) stellt dann die Anschaffungskosten für das andere Wirtschaftsgut (den Grund und Boden) dar.
Für die Ermittlung der anteiligen Verkehrswerte ist nach Auffassung des BMF das Datum des Kaufvertrags maßgebend.