2.3.1 Wahl zwischen Sofortbesteuerung und Zuflussbesteuerung
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gegen eine Leibrente veräußert, hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen
- einer tarifbegünstigten Sofortbesteuerung des Veräußerungsgewinns in Höhe der Differenz zwischen dem Rentenbarwert im Zeitpunkt der Veräußerung abzgl. dem Buchwert und der Veräußerungskosten und Versteuerung der späteren Rente mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte und
- einer verzögerten sukzessiven Besteuerung als nicht begünstigte nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Land- und Forstwirtschaft oder selbstständiger Arbeit) im jeweiligen Jahr des Zuflusses des Veräußerungserlöses, sobald und soweit der "Kapitalanteil" der wiederkehrenden Leistungen den Buchwert und die Veräußerungskosten übersteigen. Der "Zinsanteil" der wiederkehrenden Leistungen stellt bereits im Zeitpunkt des Zuflusses eine nachträgliche Betriebseinnahme dar.
Die Frage, ob bei Wahl der Zuflussbesteuerung eine Aufteilung der Rente im Zeitpunkt des Zuflusses in einen Zins- und Tilgungsanteil zwingend geboten ist, ist umstritten. Das Hessische FG hat dies im Fall einer Veräußerungszeitrente verneint.
2.3.2 Zuflussbesteuerung nur bei ausdrücklicher Wahl
Zu einer laufenden zeitlich gestreckten Besteuerung der betrieblichen Veräußerungsrente als nachträgliche Einkünfte aus dem veräußerten Betrieb kommt es nach der Rechtsprechung des BFH nur, wenn diese Art der Besteuerung ausdrücklich gewählt wird. Die Sofortbesteuerungist der gesetzliche Normalfall und die Zuflussbesteuerung eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Ausnahmeregelung. Wird das Veräußererwahlrecht nicht oder nicht ordnungsgemäß ausgeübt, ist nach der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 EStG der Gewinn im Zeitpunkt der Veräußerung realisiert und sofort zu versteuern.
2.3.3 Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts auf Zuflussbesteuerung
Das Wahlrecht zugunsten der sukzessiven Besteuerung muss spätestens bis zur Bestandskraft der Einkommensteuerveranlagung des Jahres, in dem der Veräußerungsgewinn erzielt wurde, ausgeübt werden.
Der BFH hat entschieden, dass ein Antrag auf nachgelagerte Besteuerung auch noch im Einspruchsverfahren gegen einen geänderten Steuerbescheid gestellt werden kann, wenn dieser Antrag bei der ursprünglichen Veranlagung nicht gestellt worden ist. Das Wahlrecht kann auch noch im Einspruchsverfahren gegen einen gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten steuererhöhenden Bescheid ausgeübt werden. Wird ein solcher Änderungsbescheid angefochten, so folgt jedoch aus § 351 Abs. 1 AO, dass die Änderung der Antrags- bzw. Wahlrechtsausübung nur dann möglich ist, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die partielle Durchbrechung der Bestandskraft gesetzten Rahmen nicht verlässt.
2.3.4 Zum Wahlrecht berechtigende wiederkehrende Bezüge
Das Wahlrecht setzt voraus, dass es sich um wiederkehrende Bezüge handelt, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und die für den Veräußerer entweder mit einem Wagnis behaftet sind, oder hauptsächlich im Interesse des Veräußerers vereinbart worden sind, um dessen Versorgung zu sichern. Zu den wiederkehrenden Bezügen, die zur Inanspruchnahme des Wahlrechts berechtigen, zählen
- Leibrenten, gleichgültig, ob änderbar (dauernde Last) oder nicht, auch abgekürzte Leibrenten mit einer Höchstlaufzeit von unter 10 Jahren, da auch sie Wagnischarakter haben,
- Zeitrenten oder Kaufpreisraten mit einer Laufzeit von mehr als 10 Jahren, wenn sie primär der Versorgung des Berechtigten dienen.
Kein Wahlrecht besteht für den Sonderfall der Veräußerung gegen umsatz- oder gewinnabhängige Bezüge; dann bleibt es wegen der fehlenden Möglichkeit zur Schätzung eines Kapitalwerts des Veräußerungsgewinns bei der zwingenden Zuflussbesteuerung. Bei gewinnabhängigen Kaufpreisforderungen in diesem Sinne handelt es sich um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche, da im Zeitpunkt der Veräußerung weder feststeht, ob rechtlich in einem der Folgejahre eine Kaufpreisforderung entsteht, noch wie hoch diese sein wird, noch wie lange angesichts der an die Lebenserwartung des Veräußerers anknüpfenden Verpflichtung Kaufpreiszahlungen zu erbringen sind