Leitsatz
Teilwertabschreibungen auf sog. eigenkapitalersetzende Darlehen sind keine bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigende Gewinnminderungen i.S.v. § 8b Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das JStG 2008 vom 20.12.2007.
Normenkette
§ 8b Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das JStG 2008
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Immobiliengesellschaft in der Rechtsform der GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer AS war, war seit 1992 alleinige Gesellschafterin der C-GmbH, welcher sie ein ihr gehörendes Betriebsgrundstück vermietet hat. AS war zugleich Geschäftsführer auch der C-GmbH.
Nachdem die C-GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, übernahm die Klägerin 1992 und 1993 für Darlehensverbindlichkeiten der Beteiligungsgesellschaft gegenüber einem Kreditinstitut Höchstbetragsbürgschaften. In den Folgejahren wurden die Kreditmittel der C-GmbH durch verschiedene Real- und Personalsicherheiten der Klägerin bzw. ihres alleinigen Gesellschafters abgesichert. Im Jahr 1997 schrieb die Klägerin ihre Beteiligung an der Gesellschaft auf den Erinnerungswert ab. Seit 2001 gewährte sie ihr mehrere Darlehen. Außerdem übernahm sie die über die Bürgschaften ohnehin regressbehafteten Darlehensverbindlichkeiten der C-GmbH gegenüber der Bank. Schließlich vereinbarten die beiden Gesellschaften Anfang 2002 (Streitjahr), den Mietzins für das vermietete Betriebsgrundstück "aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation" herabzusetzen.
Auf den 31.12.2002 valutierten die Ansprüche der Klägerin gegen die C-GmbH mit rd. 575 000 EUR. Die Klägerin nahm hierauf in der Bilanz des Streitjahrs eine Abschreibung auf 50 % vor, die das FA unter Hinweis auf § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. unberücksichtigt beließ.
Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war erfolgreich (Niedersächsisches FG, Urteil vom 03.04.2008, 6 K 442/05, Haufe-Index 2017578, EFG 2008, 1406)…
Entscheidung
… und dabei blieb es auch vor dem BFH:
Wertverluste auf eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen seien sehr wohl abzugsfähig und unterfielen nicht der Sperre des § 8b Abs. 3 KStG a.F. Die nunmehrigen Abzugsbeschränkungen und -ausschlüsse seien rechtsbegründend und wirkten nicht bloß "klarstellend" zurück.
Hinweis
1. Durch das JStG 2008 wurde § 8b Abs. 3 S. 4 bis 8 neu in das KStG eingefügt. Grob skizziert wird darin die Abzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gesperrt, die im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung stehen, die aus der Hand eines Gesellschafters stammen. Ziel der Übung, die mit dieser Neuregelung verbunden war, war es eigentlich nur, die Tür zu einer Ausweichgestaltung zu schließen. Man befürchtete die Ausschaltung der Grundregel des § 8b Abs. 3 S. 3 KStG, wonach Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem an sich bevorteilten Anteil i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG stehen, nicht steuerwirksam werden. Die besagte Ausweichgestaltung bestand nun darin, eigenkapitalersetzende Darlehen zu geben. Mussten diese später auf ihren Teilwert abgeschrieben werden, dann standen sie eigentlich nicht mit der Substanz der Anteile in Zusammenhang, die Regelungsanordnung des § 8b Abs. 3 KStG drohte folglich leerzulaufen.
§ 8b Abs. 3 S. 4 KStG in der Neufassung beugt dem vor und schließt entsprechende Gewinnminderungen vom Abzug aus. Davon erfasst werden allerdings keineswegs nur eigenkapitalersetzende Darlehen und Sicherheiten, erfasst werden vielmehr jegliche Darlehen und Sicherheitengestellungen von Gesellschaftern, diesen Nahestehenden und von sog. rückgriffsbewehrten Dritten. Erfasst werden gleichermaßen jegliche sonstigen Rechtshandlungen, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich vergleichbar sind. Dem Gesetzgeber ist also einmal mehr ein Rundumschlag gelungen, der sich weit vom Normtelos entfernt, dadurch tief in das objektive Nettoprinzip eingreift und in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise die "Statik" des § 8b KStG – Steuerfreistellung von Bezügen i.S.d. § 20 EStG und entsprechenden Veräußerungsgewinnen von Kapitalanteilen einerseits, Abzugsausschluss von korrespondierenden Betriebsausgaben und Substanzminderungen andererseits – verschiebt.
2. Die Finanzverwaltung versteht die Neuregelung als bloße Regelungsklarstellung, die auch für die Vergangenheit bedeutsam sei.
Das hat den BFH indes nicht überzeugt. Er erkennt in § 8b Abs. 3 KStG n.F. eine neu geschaffene Missbrauchsverhinderungsvorschrift. Und der bisherige Regelungswortlaut des § 8b Abs. 3 KStG a.F. gab für Vergleichbares nichts her: Wertminderungen an eigenkapitalersetzenden Darlehen wurden demzufolge bislang also auch nicht erfasst.
3. Hinzuweisen bleibt auf eine (halboffizielle) Meinung der Finanzverwaltung zum (parallelen) Verhältnis von Forderung und (Teil-)Forderungsverzicht im Privatvermögen (i.S.v. § 17 EStG) und dort zum Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG. Denn einerseits wurde dort nicht i.S.v. § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG n.F. gesetzlich nachgebessert, und andererseits ist dort – abweichend von § 8b Abs. 3 KStG a.F. – von einem "wirtschaftli...