1. Änderungen unter Berücksichtigung der "neuen" Rechtsprechung erforderlich?
Unklar, ob Änderung erforderlich: Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen stellt sich die Frage, ob eine Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG erforderlich ist. Klare Antwort: Es kommt darauf an. Insbesondere hängt das davon ab, was das gesetzgeberische Ziel ist, d.h. ob der Gesetzgeber mit den Ergebnissen, die sich aus der Anwendung der "neuen" Rechtsprechung auf einheitliche wirtschaftliche Vorgänge im Bereich der Grundstückslieferungen ergeben, zufrieden ist oder Bedarf für steuerndes Eingreifen sieht.
Rechtslage nicht eindeutig: Der Wermutstropfen ist, dass der Gesetzgeber zunächst einmal in vielen Konstellationen nicht weiß, wie die Ergebnisse aussehen werden, weil – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergeben dürfte – gar nicht eindeutig vorhersehbar ist, wie die FG und insbesondere der BFH (oder das dann zuständige europäische Gericht) die komplexe Rechtslage beim Vorliegen solcher einheitlichen wirtschaftlichen Vorgänge verstehen werden.
Vorläufige Verwaltungsanweisungen: Insofern wäre es – quasi als Erste-Hilfe-Maßnahme – ohnehin ratsam, dass die Finanzverwaltung sich zu der Thematik äußert und vor allem Übergangs- und Nichtbeanstandungsregelungen zur Verfügung stellt. Das dürfte sich insbesondere vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Gehalts der Transaktionen empfehlen (bei Immobilienverkäufen geht es nicht selten um beachtliche Beträge).
2. Problem: Beendigung der Ausnahmeregelung
Ohne Handeln längerer Zustand der Rechtsunsicherheit: Würde der Gesetzgeber nichts tun, würde er u.E. das Heft des Handelns aus der Hand geben. Die Steuerpflichtigen wären in verschiedenerlei Hinsicht für einen längeren Zeitraum mit einem Zustand der Rechtsunsicherheit konfrontiert. Es könnte zu finanzgerichtlichen Verfahren kommen, aus denen sich erhebliche Steuerausfälle ergeben könnten.
Wenn Handeln, Wegfall der Ausnahmeregelung: Das "Problem" dürfte allerdings sein, dass Deutschland den § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG in seiner derzeitigen Form gem. Art. 371 MwStSystRL nur "zu den [am 1.1.1978] geltenden Bedingungen" beibehalten darf (s. oben II.3.). Wollte man also die Bedingungen der Steuerbefreiung ändern, würde die Ausnahmeregelung des Art. 371 MwStSystRL nicht mehr greifen und der Gesetzgeber müsste die Steuerbefreiung im deutschen Recht in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht – hier also Art. 135 Abs. 1 Buchst. j und k MwStSystRL – regeln.
Verlagerung des Steueraufkommens: Das wiederum würde – wollte man gewährleisten, dass ein Grundstücksumsatz (nur) "einmal" besteuert wird (s. oben II.2.a.) – bedeuten, dass die Neuregelungen auch mit der GrESt abgestimmt werden müssten. Für die Übertragung von Neubauten und Baugrundstücken durch Unternehmer beispielsweise müsste die GrESt dann gänzlich entfallen, da diese Vorgänge mehrwertsteuerpflichtig wären. Das wiederum würde zu erheblichen Verschiebungen beim Steueraufkommen führen, da die Umsatzsteuer zu den Gemeinschaftssteuern gehört, deren Aufkommen Bund und Ländern/Gemeinden gemeinschaftlich zusteht, während das Aufkommen der Grunderwerbsteuer allein den Ländern zukommt (vgl. Art. 106 GG).