Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
1. Gewährt ein nicht unternehmerisch beteiligter Aktionär der AG ein Darlehen, so führt dies nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten seiner Beteiligung (Anschluss an BFH, Urteil vom 02.04.2008, IX R 76/06, BFH/NV 2008, 1570, BFH/PR 2008, 375).
2. Der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG ist jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 S. 1 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat.
Normenkette
§ 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 S. 1, § 17, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Frau K. war nicht unternehmerisch an einer AG beteiligt und hatte ihrer Gesellschaft Darlehen gegeben. Über deren Vermögen wurde 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet und im Jahr 2003 nach Schlussverteilung abgeschlossen. In ihrer ESt-Erklärung für 2003 machte K. einen Verlust aus ihrer Beteiligung geltend. Ihr sei weder Fremd- noch Eigenkapital zurückgezahlt worden.
Das FA berücksichtigte nur den Verlust des Eigenkapitals und diesen nur zur Hälfte. Die Klage wurde abgewiesen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.07.2008, 2 K 2628/06, Haufe-Index 2032479, EFG 2008, 1602).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf: Das FG hatte nicht berücksichtigt, dass ein Halbabzugsverbot nicht in Betracht kommt, wenn die Beteiligung an der AG keine Einnahmen vermittelt hat. Der gemeine Wert der Beteiligung der K. war null. Trotzdem konnte der BFH nicht durchentscheiden. Denn das FG hatte nicht geprüft, inwieweit K. noch durch ihre Beteiligung an der AG vermittelte Einnahmen erzielt hat.
Hinweis
Diese wohl erste Entscheidung zum Halb-(Teil-)Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG wird in ihrer Schlichtheit wohl einige enttäuschen, kommt sie doch ohne den Einsatz eines großen verfassungsrechtlichen Arsenals allein mit dem Wortlaut und Zweck der Vorschrift zu einem dem Steuerbürger günstigen Ergebnis.
1. Doch zunächst musste sich der BFH mit der Frage beschäftigen, ob auch ein nicht unternehmerisch tätiger Aktionär ein eigenkapitalersetzendes Darlehen mit der Folge nachträglicher Anschaffungskosten gewährt werden kann. Diese Frage hatte der IX. Senat im Grundsatzurteil, das im 1. Leitsatz in Bezug genommen wurde, bereits verneint. Darauf konnte der BFH verweisen.
2. Das eigentlich Neue der Entscheidung fasst der Leitsatz 2 zusammen. Es geht um das Halbeinkünfteverfahren, das ab 2009 in ein Teileinkünfteverfahren überführt ist. Hintergrund ist: Statt die KSt auf die individuelle ESt anzurechnen, werden die Einkünfte auf die beiden Steuersubjekte, die Körperschaft und den Anteilseigner aufgeteilt. Um die Einnahmen des Anteilseigners nicht doppelt zu besteuern, wird deren Vorbelastung mit KSt bei der Kapitalgesellschaft dadurch berücksichtigt, dass sie nur zur Hälfte bei dem Gesellschafter erfasst werden.
3. Wenn man aber nur eine Hälfte steuerlich berücksichtigt, ist die jeweils andere Hälfte der Einnahmen steuerfrei. Und so ist gem. § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG die Hälfte des gemeinen Werts i.S.v. § 17 Abs. 2, Abs. 4 EStG (das sind hier die Einnahmen) steuerfrei. Der Gesellschafter kann die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben auch nur zur Hälfte absetzen. Denn wären seine Einnahmen zur Hälfte steuerfrei und könnte er trotzdem seine Ausgaben in vollem Umfang abziehen, hätte er einen doppelten steuerlichen Vorteil. Deshalb darf er nach § 3c Abs. 2 S. 1 EStG Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abziehen.
4. Fallen aber keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Folgerichtig tritt die nach § 3c Abs. 2 S. 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen auch nur zur Hälfte zu berücksichtigen, nicht ein. Denn § 3c Abs. 2 S. 1 EStG verlangt schon nach seinem Wortlaut einen wirtschaftlichem Zusammenhang der Ausgaben mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen. Fließen jedoch keine Einnahmen zu, ist § 3c Abs. 2 S. 1 EStG nicht anwendbar und der Erwerbsaufwand ist in vollem Umfang abziehbar. Dies entspricht dem Gesetzeszweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung auszuschließen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.06.2009 – IX R 42/08