Leitsatz
Die Kläger haben tageweise einzelne Räume ihres Dachgeschosses an wechselnde Messegäste vermietet. Strittig war nun, ob beim Verkauf der ganzen Immobilie anteilig ein Veräußerungsgewinn zu erfassen ist. Die Richter des FG Niedersachsen gehen davon aus, dass kein Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft zu erfassen ist, da die einzelnen Zimmer nicht getrennt von dem Rest der Immobilie veräußert werden können.
Sachverhalt
Die Parteien streiten sich über den Ansatz eines privaten Veräußerungsgeschäftes für die Veräußerung eines Reihenhauses. Die Kläger erwarben im Jahr 2011 eine Immobilie. Sie bewohnten das Reihenhaus mit ihren Kindern selbst. In den Jahren 2012 bis 2017 vermieteten sie einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses tageweise an Messegäste. Die Nutzungsbedingungen weisen unter anderem aus, dass eine Nutzung durch den Vermieter während der Mietzeit der Messegäste nicht gestattet ist. Mit notariellem Kaufvertrag vom 16.11.2017 verkauften die Kläger das Reihenhaus auf den 1.1.2018. Aufgrund der zeitweisen Vermietung setzte der Beklagte einen anteiligen Veräußerungsgewinn in Höhe von 33.866,67 EUR fest. Da der hiergegen eingelegte Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, erhoben die Kläger zulässig Klage gegen die Einspruchsentscheidung. Nach Auffassung der Kläger wurde die Immobilie zu Unrecht der Besteuerung unterworfen. Nach Ansicht der Kläger sei der Ausnahmetatbestand des § 23 EStG auch einschlägig, wenn die vermietete Immobilie auch Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt der Familie darstellt, aber kurzfristig einzelne Räume untervermietet werden. Voraussetzung sei, dass die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden war. Eine ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken werde nicht dadurch infrage gestellt, dass einzelne Zimmer in nicht einmal 10 % der Tage eines Jahres untervermietet werden.
Entscheidung
Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft angesetzt. Nach Ansicht der Richter haben die Kläger die Immobilie zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Die Nutzung einzelner Zimmer zur tagweisen entgeltlichen Vermietung an Messegäste ändert an dieser Beurteilung nichts. Diese Auffassung steht im Widerspruch zu der überwiegenden Ansicht in der Literatur. Dort wird vertreten, dass einzelne, vermietete Zimmer selbständige Wirtschaftsgüter sind, welche wegen einer Vermietung eben nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt würden. Jedoch teilt der Senat die immer häufiger aufkommende gegenteilige Auffassung. So zählt ein häusliches Arbeitszimmer, welches im Rahmen von Überschusseinkünften genutzt wird, ebenfalls nicht als selbständiges Wirtschaftsgut, da es hier bereits an einer Aufteilung der Wohnung mangelt. Nach Auffassung des Senats sind die vermieteten Räume nicht als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen, da sie nicht einzeln und unabhängig von den anderen Gebäudeteilen veräußert werden konnten.
Hinweis
Die Revision ist zugelassen und beim BFH anhängig, Az beim BFH IX R 20/21. Sollten die Richter des BFH zur gleichen Einschätzung wie die Richter des Niedersächsischen FG kommen, könnte dieses Urteil eine Änderung der bisherigen gängigen Meinung darstellen.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil v. 27.05.2021, 10 K 198/20