Leitsatz
1. Das Geburtengeld, das von einer schweizerischen Versicherung gezahlt wird, unterliegt als Leistung aus einer Krankenversicherung i.S.d. § 3 Nr. 1a EStG nicht der ESt.
2. Das Geburtengeld ist weder Mutterschaftsgeld i.S.v. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG noch Mutterschaftsgeld i.S.v. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EStG und unterliegt somit auch nicht dem Progressionsvorbehalt.
Normenkette
§ 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und c EStG
Sachverhalt
Die Ehefrau E des Klägers war als Grenzgängerin bei einem schweizerischen Arbeitgeber beschäftigt. Im Streitjahr erhielt E von ihrem Arbeitgeber durch die M-Versicherung wegen der Geburt eines Sohns "Geburtengeld" i.H.v. 8000 sfr. Nach § 324a Abs. 4 des Schweizerischen Obligationenrechts trat die Versicherungsleistung an die Stelle der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.
Die Zahlungen der M-Versicherung (als Versicherer) beruhten auf einem Krankentagegeldversicherungsvertrag mit dem Arbeitgeber (als Versicherungsnehmer) und der E (als versicherte Person), dessen Abschluss im Arbeitsvertrag der E vereinbart worden war. Da die Schweiz erst seit dem 01.07.2005 eine obligatorische Versicherung für Leistungen bei Mutterschaft kennt, bestand im Streitjahr in der Schweiz für eine Versicherung über Mutterschaftsleistungen keine gesetzliche Verpflichtung.
Für diesen Vertrag hat die Arbeitgeberin sowohl Arbeitgeberbeiträge erbracht als auch Arbeitnehmerbeiträge einbehalten und abgeführt.
Das FA unterwarf das Geburtengeld der ESt. Das FG sah demgegenüber nicht die Leistungen aus der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung als steuerpflichtigen Arbeitslohn an, sondern die auf E entfallenden Beiträge ihres Arbeitgebers für die Krankentagegeldversicherung. Die nicht steuerbaren Leistungen der Versicherung unterwarf es nicht dem Progressionsvorbehalt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2007, 3 K 22/07, Haufe-Index 2023683, EFG 2008, 1862).
Entscheidung
Der BFH sah dies ebenso und wies die Revision des FA zurück.
Hinweis
Das Zusammenspiel zweier (Steuer-)Rechtsordnungen kann sich auch positiv auswirken, wie dieser Fall einer Grenzgängerin zeigt.
1. Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers sind nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitgeber dazu u.a. nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet ist. Für die Beurteilung, ob eine solche gesetzliche Verpflichtung besteht, ist das jeweilige ausländische Recht maßgeblich, dem das Arbeitsverhältnis unterworfen ist.
2. Sind die vom Arbeitgeber für den Versicherungsschutz erbrachten Aufwendungen Arbeitslohn, führen die darauf erbrachten Versicherungsleistungen nach der ständigen BFH-Rechtsprechung zu keinem weiteren Arbeitslohn.
3. Das Geburtengeld, das von einer ausländischen Versicherung gezahlt wird, ist auch nicht als sonstige Leistung i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG einkommensteuerpflichtig, da es sich um eine "Leistung aus einer Krankenversicherung" i.S.d. § 3 Nr. 1a EStG handelt.
4. Dieses auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhende Geburtengeld unterliegt auch nicht dem Progressionsvorbehalt gem. § 32b Abs. 1 Nr. 1b oder c EStG. Das Gesetz unterwirft in § 32b Abs. 1 Nr. 1 nur bestimmte, enumerativ aufgezählten "Ersatzleistungen" dem Progressionsvorbehalt, zu denen das Geburtengeld nicht zählt. Der BFH sieht keine zu schließende Gesetzeslücke darin, dass nur die Lohnersatzleistungen aufgrund der deutschen Sozialversicherungssysteme und nicht auch Leistungen ausländischer privater Versicherungen in den Progressionsvorbehalt einbezogen werden (Bestätigung der BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 26.11.2008, X R 53/06, BFH/NV 2009, 640, BFH/PR 2009, 176).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.04.2009 – X R 31/08