Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
Verpflichtet sich der beherrschende Gesellschafter einer Personengesellschaft in einem notariellen Vertrag, seinem Kind zulasten seines Darlehenskontos einen Geldbetrag unter der Bedingung zuzuwenden, dass er der Gesellschaft sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung zu stellen ist, können die Zinsen bei der steuerlichen Gewinnermittlung der Gesellschaft nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das gilt auch bei längeren Abständen zwischen Schenkungs- und Darlehensvertrag, wenn zwischen beiden Verträgen eine auf einem Gesamtplan beruhende sachliche Verknüpfung besteht (Anschluss an BFH, Urteil vom 18.1.2001, IV R 58/99, BStBl II 2001, 393).
Normenkette
§ 4 Abs. 4 EStG , § 5 Abs. 1 EStG , § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG , § 12 Nr. 2 EStG , § 526 BGB , § 607 BGB
Sachverhalt
Der Kläger war persönlich haftender Gesellschafter einer KG. Im Weg der vorweggenommenen Erbfolge überwies er von seinem Darlehenskonto bei der KG an seine volljährige Tochter einen Geldbetrag, den diese aufgrund vertraglich festgelegter Auflagen der KG wieder als Darlehen überlassen sollte. Die Tochter verzichtete im Gegenzug auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht.
Kurz darauf schloss sie mit der KG entsprechend den vereinbarten Auflagen einen Darlehensvertrag und überwies den Darlehensbetrag auf ein Konto der KG. Diese machte die an die Tochter gezahlten Schuldzinsen als Betriebsausgaben geltend. Einspruch und Klage blieben insoweit erfolglos.
Entscheidung
Auch die Revision. Es fehle bei einer Schenkung mit Darlehensrückgewähr die für eine Schenkung erforderliche endgültige Vermögensverschiebung zwischen dem Schenker und dem Beschenkten. Das gelte auch, wenn das Darlehen einer vom Schenker beherrschten Personengesellschaft gewährt werde. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Darlehen unmittelbar im Anschluss an die Schenkung (in derselben Urkunde oder am selben Tag) gewährt werde, sondern darauf, welchen Gesamtplan die Vertragspartner verfolgten. Die Indizien sprächen hier für einen solchen Gesamtplan; ein Fremdvergleich sei nicht anzustellen.
Hinweis
Das FG hat den Fall auf zwei Beine gestellt: Der Darlehensvertrag könne nicht anerkannt werden, weil das Darlehen nicht aus dem Vermögen der Tochter gewährt worden sei und weil er inhaltlich dem Drittvergleich nicht standhalte. Der BFH hätte das Urteil im Ergebnis mit beiden Begründungen bestätigen können:
Der Drittvergleich wäre negativ ausgefallen. Der BFH hätte sich mit dem Hinweis auf sein Urteil vom 18.4.2000, VIII R 74/96 (BFH/NV 2001, 152) und die dort angestellten Erwägungen begnügen können. Auch im Streitfall hat das FG die fehlenden Sicherheiten nicht für ausschlaggebend angesehen, sondern auch das bereits im Schenkungsvertrag vereinbarte Kündigungs-, Abtretungs- und Belastungsverbot sowie das Gebot, den geschenkten Geldbetrag an die Abkömmlinge weiterzugeben, in seine Beurteilung einbezogen. Das hätte ausgereicht, um auf der Grundlage eines Indizienbeweises die Fremdüblichkeit der Darlehensgewährung zu verneinen.
Aber: Die Prüfung, ob eine Schenkung und dieser nachfolgend ein Darlehen vorliegt, ist der systematisch vorrangige Lösungsansatz. Gewährt der Beschenkte das Darlehen (noch) nicht aus seinem eigenen Vermögen, ist nicht zu prüfen, ob die Kapitalüberlassung die inhaltlichen Anforderungen an ein (Fremd-)Darlehen erfüllt. Die Prüfung, ob eine Vermögensübertragung vorlag, ist regelmäßig auch der prozessökonomisch vorzuziehende Lösungsansatz. Der Drittvergleich ist wegen der erforderlichen Gesamtbewertung aller Indizien meist ein steiniger Weg.
Der ausschlaggebende Gesichtspunkt, weshalb der BFH hier den Weg über die fehlende Vermögensübertragung gewählt hat, dürfte aber sein, dass ein Erb- und Pflichtteilsverzicht vorlag und der Senat im Urteil VIII R 74/96 u.a. diesen Gesichtspunkt zur Begründung dafür herangezogen hat, weshalb die Grundsätze zur Schenkung mit Rückdarlehen nicht anzuwenden seien. Der Sachverhalt lag dort zwar hinsichtlich der Verfügungsbefugnis der Kinder über den geschenkten Betrag etwas anders; der BFH nahm im vorliegenden Fall aber offenbar die Gelegenheit wahr, Missverständnissen über die Fortgeltung seiner Rechtsprechung vorzubeugen. Diese – vom VIII. Senat des BFH begründete – Rechtsprechung dürfte sich nunmehr gefestigt haben, nachdem sie auch vom III., IV. und X. Senat übernommen wurde (vgl. die Zitate im Urteil).
Eine Fortentwicklung der Rechtsprechung enthält das Urteil insofern, als mit der "Gesamtplan-Lösung" ein Weg gewiesen wird, wie man die ursprünglich vertretene "Ein-Urkunden-Lösung" vernünftig überwinden kann (vgl. auch P. Fischer, FR 2001, 405). Der VIII. Senat hat diesen weiterführenden Gedanken aufgegriffen und trat dem IV. Senat (Urteile vom 15.4.1999, IV R 60/98, BStBI II 1999, 524 und vom 18.1.2001, IV R 58/99, BFH-PR 2001, 140) insoweit zur Seite. Klagen auf der Grundlage der kritischen Äußerungen von Groh (DStR 2000, 753) dürften deshalb wohl keine Aussicht auf Erfolg haben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.1.2002, VIII R 46/00