Leitsatz
Im Fall einer Umwandlung durch Verschmelzung nach § 2 Nr. 1 UmwG geht die dem übertragenden Rechtsträger nach § 9 Abs. 3 StromStG erteilte Erlaubnis zur steuerbegünstigten Verwendung von Strom nicht auf den übernehmenden Rechtsträger über, sondern erlischt mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister.
Normenkette
§ 9 Abs. 3 und Abs. 4, § 2 Nr. 3 StromStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1 UmwG, § 45 AO
Sachverhalt
Der X-GmbH war vom HZA die Erlaubnis erteilt worden, nach § 9 Abs. 3 StromStG Strom zum ermäßigten Steuersatz zu entnehmen. Inzwischen ist die GmbH mit einer OHG verschmolzen worden; diese ist der aufnehmende Rechtsträger. Der Betrieb der GmbH wird an derselben Betriebsstätte fortgeführt. Eine neue Erlaubnis zur Stromentnahme ist jedoch zunächst nicht eingeholt worden. Da die der GmbH erteilte Erlaubnis infolge der Verschmelzung erloschen sei, setzte das HZA für den im erlaubnisfreien Zeitraum entnommenen Strom Stromsteuer nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Regelsteuersatz und dem nach § 9 Abs. 3 StromStG ermäßigten Steuersatz fest.
Entscheidung
Der BFH hält den Steuerbescheid für rechtmäßig (Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil vom 23.3.2011, 4 K 2741/10 VE,VSt, Haufe-Index 2667959). Die der GmbH ehemals erteilte Erlaubnis ist nicht durch Verschmelzung auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen; sie ist vielmehr erloschen bzw. gegenstandslos geworden. Sie sei nicht "Vermögen" i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, das auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, weil diese Vorschrift personenbezogene öffentlich-rechtliche Erlaubnisse nicht erfasse, zu denen die stromsteuerrechtliche Erlaubnis gehöre.
Hinweis
1. Stromsteuer entsteht, wenn an einen Nichtberechtigten Strom steuerbegünstigt geleistet wird. Steuerschuldner ist der Nichtberechtigte (§ 9 Abs. 8 Satz 1 StromStG). Berechtigt ist nur, wer im Besitz der nach § 9 Abs. 4 StromStG erforderlichen Erlaubnis ist. Diese hat also für die Entnahme steuerbegünstigten Stroms konstitutive Bedeutung und ist unabdingbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme der für das produzierende Gewerbe in § 9 Abs. 3 StromStG vorgesehenen Stromsteuerbegünstigung.
2. Das UmwStG unterscheidet zwischen einer rechtsformwechselnden Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG, bei der unter Wahrung der Identität des Rechtsträgers lediglich ein Formwechsel stattfindet (dazu BFH, Urteil vom 30.9.2003, III R 6/02, BFH/NV 2004, 293), und einer Umwandlung durch Verschmelzung (§ 2 Abs. 1 UmwG), an der (mindestens) zwei Rechtsträger beteiligt sind und die zu einer Gesamtrechtsnachfolge führt. Die Identität des übertragenden Rechtsträgers wird in diesem Falle also nicht gewahrt. Vielmehr ist § 45 AO anzuwenden.
3. Höchstpersönliche Erlaubnisse sind kein Gegenstand, der gem. § 45 AO übergehen könnte, auch wenn anzuerkennen ist, dass der Wortlaut dieser Vorschrift zu eng ist.
4. Die fragliche stromsteuerrechtliche Erlaubnis hat zweifellos einen solchen höchstpersönlichen Bezug: schon die Zuordnung zum produzierenden Gewerbe kann sich infolge der Verschmelzung ändern! Und auch die steuerliche Zuverlässigkeit (§ 9 Abs. 4 Satz 2 StromStG) hängt von einer Vielzahl unternehmensspezifischer Faktoren ab, die bei einer Verschmelzung erneuter zollbehördlicher Prüfung und Beurteilung bedürfen (z.B. Vermögensverhältnisse, Betriebsorganisation, Buchführung, Personalbestand).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.11.2011 – VII R 22/11