Leitsatz
Aus der steuerlichen Behandlung im Rahmen einer Verrechnungsstundung ergibt sich kein Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die nachfolgende Steuerfestsetzung.
Sachverhalt
Nachdem das Finanzamt im Rahmen eines Stundungsverfahrens und in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid Verluste aus Wertpapiergeschäften steuermindernd berücksichtigt hatte, wurden nach einer Außenprüfung nunmehr in dem geänderten Einkommensteuerbescheid die Anerkennung der geltend gemachten Verluste versagt. Ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangener Bescheid kann bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ohne sachliche Einschränkung jederzeit in vollem Umfang aus formellen oder materiellen Gründen geändert werden, auch wenn diese Gründe dem Finanzamt zum Zeitpunkt des Erlasses des Vorbehaltsbescheides schon bekannt waren. Der Vorbehalt der Nachprüfung wirkt solange fort, bis er ausdrücklich aufgehoben wird oder wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist entfällt. Zu einer Verdrängung des gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kommt es hingegen nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinen Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen.
Entscheidung
Der Beklagte sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht gehindert gewesen, den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid zu ändern. Das Finanzamt habe keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Es fehle an einer eindeutigen, klaren und unmissverständlichen Äußerung des Finanzamts, die verlustbringenden Wertpapiergeschäfte würden dauerhaft steuermindernd berücksichtigt. Es mache einen Unterschied, ob die streitigen Wertpapiergeschäfte im Rahmen des Stundungsbegehrens oder im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens behandelt worden seien. Die Stundung bezwecke eine befristete Korrektur der steuerlichen Belastung, wenn dem Steuerschuldner nicht zugemutet werden könne, gerade zum Fälligkeitszeitpunkt die Zahlung zu entrichten. Die Steuerfestsetzung habe demgegenüber den Zweck, eine sichere Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis zu schaffen.
Hinweis
Aus einer Verrechnungsstundung unter dem Vorbehalt des Widerrufs kann der Steuerpflichtige lediglich den Schluss ziehen, dass die der Stundung zugrunde liegenden Verluste vorläufig, jedoch keinesfalls dauerhaft anerkannt werden sollen.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 11.07.2007, 8 K 2379/01