Leitsatz
Wurden die zwischen der GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer vertraglich vereinbarten Tantiemen nicht ausgezahlt und erfolgte auch keine Passivierung einer sich auf die Tantiemen beziehenden Verbindlichkeit bei der GmbH, sodass sich die Tantiemen weder in den Streitjahren noch in späteren Zeiträumen mindernd auf das Einkommen der GmbH ausgewirkt haben, so liegt bei dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses kein Zufluss von Einkünften vor.
Sachverhalt
Der Kläger ist beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Im Ramen einer bei der GmbH durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass dem Kläger die Tantiemen jeweils zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung als zugeflossen gelten würden und daher als steuerpflichtiger Arbeitslohn im Jahr der Bilanzerstellung zu behandeln seien. Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, dass es sich um eine "Phantom-Lohnbesteuerung" handele, da die Tantiemen das Einkommen der GmbH nicht gemindert hätten. Ein Zufluss von Tantiemen liege nicht vor, wenn bei der GmbH keine einkommensmindernde Verpflichtung passiviert worden sei.
Entscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich das FG anschließt, tritt der Zufluss von Tantiemen mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein (z. IV C 2 - S 2743/12/10001B. BFH, Urteil v. 28.4.2020, VI R 44/17, BStBl 2021 II. In der Regel würden Geldbeträge dadurch zufließen, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben würden. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern könne ein Zufluss von Einnahmen allerdings auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits früher vorliegen. Danach fließe eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen die Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Allerdings würden von dieser Zuflussfiktion nur Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft mindernd ausgewirkt haben.
Hinweis
Die im Hinblick auf FG Münster, Urteil v. 4.9.2019, 4 K 1538/16, EFG 2020 S. 82 und BMF, Schreiben v. 12.5.2014, IV C 2 - S 2743/12/10001, BStBl 2014 I S. 860 gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassene Revision wurde eingelegt, Az beim BFH VI R 20/22.
In vergleichbaren Fällen sollten daher die ablehnenden Bescheide des Finanzamts unter Hinweis auf das oben angegebene Revisionsverfahren durch einen Einspruch offengehalten werden. Nach § 363 Abs. 2 AO ruht dann das Verfahren bis zur Entscheidung durch den BFH.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.06.2022, 12 K 58/20