Leitsatz
Negative Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit führen nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte einer GbR.
Normenkette
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG, § 40 Abs. 2, § 118 Abs. 2 FGO, § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG 1984
Sachverhalt
An der klagenden GbR, deren Tätigkeit sich auf die Vermietung von zwei Geschäftsgrundstücken beschränkte, waren zwei Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt. Ebenfalls je zur Hälfte waren dieselben Personen auch an einer zweiten GbR und einer GmbH beteiligt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte der zweiten GbR seinerzeit einen Grundstücksteil zur Nutzung als Büro vermietet. In den Streitjahren wurden Bürotätigkeiten für alle drei Gesellschaften in diesen Räumen ausgeübt. Mietzahlungen wurden seit mehreren Jahren nicht mehr geleistet. Die Tätigkeit der zweiten GbR beschränkte sich in den Streitjahren auf die Vermietung von Büroeinrichtung an die GmbH. Die GmbH handelte mit Grundstücken und erzielte Gewinne, die in den Streitjahren nicht ausgeschüttet wurden.
Nachdem für die Klägerin zunächst erklärungsgemäß Einkünfte aus VuV festgestellt worden waren, kam das FA nach einer Außenprüfung zu der Ansicht, die Klägerin erziele als Besitzgesellschaft einer mit der GmbH bestehenden Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte, die auf sämtliche Einkünfte abfärbten.
Im Klageverfahren gegen den Änderungsbescheid vertrat das FG die Auffassung, sowohl mit der zweiten GbR als auch mit der GmbH bestehe eine Betriebsaufspaltung. Die daraus resultierende Abfärbung sei nicht unverhältnismäßig, weil die Mieteinnahmen für die Büroräume, auf deren Einziehung die Klägerin lediglich verzichtet habe, zwischen 6,53 % und 7,16 % der Umsätze der Klägerin betragen hätten (FG Münster, Urteil vom 9.12.2014, 15 K 1556/11 F, Haufe-Index 7604171).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision der Klägerin statt und hob den Änderungsbescheid auf. Eine Betriebsaufspaltung setze Gewinnerzielungsabsicht auf der Ebene des Besitzunternehmens voraus, die bei unentgeltlicher Nutzungsüberlassung fehle. Da die Räume hier entgegen der Würdigung des FG unentgeltlich überlassen worden seien, komme eine Betriebsaufspaltung mit der zweiten GbR nicht in Betracht. Mit der GmbH könne zwar eine Betriebsaufspaltung vorliegen, wenn infolge der Unentgeltlichkeit höhere Gewinnausschüttungen der GmbH erwartet worden wären, weil die Ausschüttungen Sonderbetriebseinnahmen bei der Klägerin sein würden. In den Streitjahren seien allerdings keine Ausschüttungen vorgenommen und deshalb keine positiven Einkünfte erzielt worden. Verluste könnten aber nicht zur Abfärbung auf vermögensverwaltende Einkünfte führen.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft einen Aspekt der Abfärbung gewerblicher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, der bisher noch kaum diskutiert worden ist, nämlich die Frage, ob auch negative Einkünfte zur Abfärbung führen können. Im Jahr 2014 hat der VIII. Senat des BFH eine Abfärbung auf freiberufliche Einkünfte wegen Geringfügigkeit abgelehnt, wenn die daneben erzielten Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 EUR im VZ nicht übersteigen (BFH, Urteil vom 27.8.2014, VIII R 6/12, BFH/NV 2015, 597, BFH/PR 2015, 149, BStBl II 2015, 1002; und BFH, Urteil vom 27.8.2014, VIII R 41/11, BFH/NV 2015, 595, BFH/PR 2015, 152, BStBl II 2015, 999). Beide Grenzen müssen unterschritten sein, um eine Abfärbung zu vermeiden.
Bei einem Verlust aus der gewerblichen Tätigkeit, aber einer Überschreitung der Umsatzgrenze käme es danach zur Abfärbung. So lag der Fall hier, weshalb das FG auch von einer Abfärbung ausgegangen war. Allerdings unterschied sich der hiesige Fall von den bisherigen Urteilsfällen des BFH dadurch, dass hier in der Hauptsache vermögensverwaltende und nicht freiberufliche Einkünfte erzielt wurden. Zumindest in einem solchen Fall lehnt der BFH nun die Abfärbung unabhängig von dem Umsatzverhältnis ab, wenn die gewerblichen Einkünfte negativ sind.
2. Im Fall einer Betriebsaufspaltung mit einer Betriebs-GmbH kann das Besitzunternehmen Einkünfte nicht nur durch die entgeltliche Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlage erzielen, sondern auch bei unentgeltlicher Nutzungsüberlassung mittelbar durch Ausschüttung des entsprechend höheren Gewinns der GmbH, weil die GmbH-Anteile (Sonder-)Betriebsvermögen des Besitzunternehmens sind und die Ausschüttungen dementsprechend den Gewinn des Besitzunternehmens erhöhen.
Solange Gewinne der GmbH thesauriert werden, führt eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung allerdings zu Verlusten des Besitzunternehmens. Erst bei Ausschüttung werden positive Einkünfte erzielt. Nach Meinung des BFH wird nun auch die Abfärbewirkung in einem Verlustjahr noch nicht ausgelöst. Dass die Abfärbung dann durch das Ausschüttungsverhalten beeinflusst werden kann, hält der BFH deshalb nicht für problematisch, weil Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Abfärbung ausdrücklich anerkannt werden, insbesondere die Ausgliederung in ei...