Leitsatz
Im Fall einer Betriebsaufspaltung sind Anwartschaften auf Hinterbliebenenversorgung, die auf einer dem Geschäftsführer der Betriebs-Kapitalgesellschaft erteilten Pensionszusage beruhen, im Besitzunternehmen auch dann nicht bereits während der Anwartschaftszeit zu aktivieren, wenn in der Betriebs-Kapitalgesellschaft die Zuführungsbeträge zur Pensionsrückstellung, soweit sie auf die Hinterbliebenenversorgung entfallen, als vGA zu beurteilen sind.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB
Sachverhalt
E war geschäftsführender Alleingesellschafter einer GmbH. Er verpachtete im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Grundstück an die GmbH. E ermittelte die Gewinne seines Besitz-Einzelunternehmens durch Betriebsvermögensvergleich. 1991 erteilte die GmbH dem E, der zu diesem Zeitpunkt bereits schwer erkrankt war, eine unverfallbare Pensionszusage, die von dem FA – im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung – als fremdüblich angesehen wurde. Daneben war eine Hinterbliebenenversorgung zugunsten seiner Ehefrau vorgesehen, sofern E als Versorgungsanwärter vorversterben würde. Das FA bezweifelte die Fremdüblichkeit dieser Hinterbliebenenversorgungszusage und nahm eine vGA an. Im Klageverfahren vertrat die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres zwischenzeitlich verstorbenen Ehemanns E die Auffassung, eine Aktivierung dürfe nicht vorgenommen werden, weil E in den Streitjahren keine Versorgungsbezüge zugeflossen seien. Außerdem schließe der Umstand, dass die Versorgungsanwartschaften aufschiebend bedingt seien, eine Aktivierung aus. Das FG wies die Klage im Wesentlichen ab. Der Umstand, dass die Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung aufschiebend bedingt durch den Tod des E seien, stehe dem Gewinnausweis nicht entgegen, sondern sei allein bei der Bewertung dieser Ansprüche zu berücksichtigen (FG Düsseldorf, Urteil vom 31.07.2008, 14 K 1167/05 F, Haufe-Index 2056802, EFG 2008, 1884).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt.
Hinweis
Dieses Urteil stellt für die Aktivierung von künftigen Versorgungsansprüchen von Hinterbliebenen wichtige Grundsätze auf. Ausgehend davon, dass ein tragender Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S.d. § 5 Abs. 1 EStG das imparitätische Realisationsprinzip ist, hat der X. Senat entschieden:
1. Aufschiebend bedingte Ansprüche sind nicht zu aktivieren. Anwartschaften auf Hinterbliebenenversorgung sind aufschiebend bedingt, wenn ein Anspruch der durch eine Zusage auf Hinterbliebenenversorgung begünstigten Person nur entstehen kann, wenn der Hauptversorgungsberechtigte verstirbt und zu diesem Zeitpunkt die als potenzielle Hinterbliebene begünstigte Person noch lebt. Dann fehlt es an der Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann.
2. Auf der Passivseite der Bilanz ist dagegen das Risiko aus der künftigen Inanspruchnahme aus Hinterbliebenenrenten bei der Bewertung von Rentenverbindlichkeiten sowie von Pensionsrückstellungen zu berücksichtigen. Zwar besteht grundsätzlich ein Verbot des Ausweises aufschiebend bedingter Verbindlichkeiten; die Passivseite der Bilanz ist aber aufgrund des Imparitätsprinzips in wesentlich stärkerem Maße als die Aktivseite der Einbeziehung von Risiko- und Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zugänglich.
3. Aus der Pflicht des potenziell zur Zahlung künftiger Hinterbliebenenrenten Verpflichteten, sein Risiko bilanziell in Form einer Rückstellung abzubilden, kann nicht der Schluss gezogen werden, auch der Rechtsvorgänger eines potenziellen Hinterbliebenen müsse bereits entsprechende Anwartschaften aktivieren.
4. Im Fall der Erteilung von Versorgungszusagen durch eine Mitunternehmerschaft zugunsten eines ihrer Mitunternehmer ist in der Sonderbilanz dieses Mitunternehmersein entsprechender Aktivposten zu aktivieren. Dieses Ergebnis beruht auf dem durch § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG angeordneten Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung im Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Sonderbilanz.
5. Eine fremdübliche und steuerrechtlich anzuerkennende Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft ist bei ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu aktivieren. Angemessene Vergütungen, die dieser bezieht, gehören auch dann zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit, wenn die Kapitalgesellschaftsanteile notwendiges Betriebsvermögen sind. Die Pensionsanwartschaft ist damit nicht Teil des Betriebsvermögens des Anwartschaftsberechtigten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.03.2011 – X R 42/08