Leitsatz
1. Den Formwechsel eines Einzelunternehmens in eine Ein-Mann-GmbH sieht § 191 Abs. 1 UmwG nicht vor. Durch die Beurkundung eines solchen Formwechsels eines grundbesitzenden Einzelunternehmens kann die Entstehung von Grunderwerbsteuer nicht vermieden werden.
2. Auf nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgänge findet die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG keine Anwendung.
3. Die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 12 GrEStG, der die rückwirkende Geltung des § 6a Satz 1 GrEStG n.F. für nach dem 6. Juni 2013 verwirklichte Erwerbsvorgänge anordnet, ist nicht ernstlich zweifelhaft.
Normenkette
§ 6a Satz 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 12 GrEStG n.F., § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 190 Abs. 1, § 191 Abs. 1 UmwG
Sachverhalt
Mit notariell beurkundetem "Umwandlungsbeschluss" vom 20.8.2013 erklärte A, sein Einzelunternehmen werde formwechselnd in die Antragstellerin, eine GmbH, umgewandelt. A übernahm sämtliche Geschäftsanteile der GmbH gegen "Einbringung des Einzelunternehmens gemäß Sachgründungsbericht". Die Sacheinlage sollte durch Einbringung von Grundstücken erfolgen. Das FA setzte Grunderwerbsteuer mit der Begründung fest, die Antragstellerin – die GmbH – habe 2013 Grundbesitz durch Einbringung erworben. Die Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.12.2017, 12 V 12223/17) hat einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt mit der Begründung, ein Formwechsel scheide mangels Rechtsgrundlage aus. Der Sachverhalt sei vielmehr als Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH zu beurteilen.
Entscheidung
Der BFH weist die hiergegen erhobene Beschwerde als unbegründet zurück; eine Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids ist nicht zu gewähren. Gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen keine ernstlichen Zweifel.
So hat das FA zutreffend einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang angenommen. Mit dem "Umwandlungsbeschluss" vom August 2013 hat sich A zur Übereignung des seinem Einzelunternehmen gehörenden Grundbesitzes auf die GmbH – die Antragstellerin – verpflichtet. Bei summarischer Prüfung sind die Erklärungen des A nur dahin zu verstehen, dass er sich zur Übertragung des Grundbesitzes auf die Antragstellerin gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen verpflichtet hat. Den von A erklärten Formwechsel sieht die Rechtsordnung nicht vor. Die beurkundeten Erklärungen und der Sachgründungsbericht lassen hinreichend auf die Einbringung der Grundstücke schließen.
Bei einer Steuerbarkeit aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wie im Streitfall scheidet eine Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG aus.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grunderwerbsteuerfestsetzung ergeben sich auch nicht daraus, dass § 23 Abs. 12 GrEStG i.d.F. des KroatienAnpG die Anwendung des § 6a GrEStG n.F. rückwirkend auf alle Erwerbsvorgänge anordnet, die nach dem 6.6.2013 verwirklicht worden sind. Zwar ist der Umwandlungsbeschluss im Rückwirkungszeitraum erfolgt. In materiell-rechtlicher Hinsicht liegt aber bei summarischer Prüfung keine Rückwirkung vor. Dass der Gesetzgeber mit § 6a GrEStG n.F. die Steuervergünstigung für Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage ohne weitere Einschränkungen gewähren wollte, kann nicht angenommen werden. Die nicht ganz eindeutige Gesetzesfassung basiert auf einem redaktionellen Versehen.
Hinweis
Der Steuerpflichtige A wollte sein Einzelunternehmen "identitätswahrend" in der Rechtsform einer GmbH weiterführen. A erklärte daher in einem notariell beurkundeten "Umwandlungsbeschluss" aus 2013, das Einzelunternehmen werde formwechselnd in eine GmbH umgewandelt. Grundstücke sollten in das Vermögen der GmbH grunderwerbsteuerfrei gelangen. Dies führte zu den drei, in den Leitsätzen zum Ausdruck kommenden Problemen.
Ein Formwechsel wäre im Hinblick auf die zu übertragenden Grundstücke grundsätzlich steuergünstig, weil der Formwechsel an sich in der Person des betroffenen Unternehmens selbst keine Grunderwerbsteuer auslöst (in der Praxis sind allerdings mittelbare Folgen im Hinblick auf Beteiligungsgesellschaften zu beachten, vgl. gleichlautende Erlasse vom 9.12.2015, BStBl I 2015, 1029 – Rz. 7.3). Problematisch ist die im Besprechungsfall gewählte Konstruktion freilich deshalb, weil das Gesetz in § 191 Abs. 1 UmwG den begehrten Formwechsel nicht vorsieht. Der Einzelunternehmer ist kein zum Formwechsel zugelassener Rechtsträger.
Wenn also die Übertragung der Grundstücke auf die GmbH nicht grunderwerbsteuerfrei war, stellt sich die Frage nach einer Privilegierung gemäß § 6a GrEStG. Diese Vorschrift greift vorliegend jedoch nicht ein, weil deren Anwendungsbereich auf zulässige Umwandlungsfälle beschränkt ist. In keinem Fall ist nach § 6a GrEStG die Übertragung einzelner Grundstücke privilegiert.
Dies gilt auch im Zusammenhang mit einer Rückwirkungsproblematik. Im Zeitpunkt des "Umwandlungsbeschlusses" war die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG für Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundla...