Leitsatz
Ein Kind ist nicht in Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG, wenn es sich nicht ernsthaft auf seine Berufsziele vorbereitet. Nimmt ein Kind an einem Fernlehrgang teil, ist von mangelnder Ernsthaftigkeit jedenfalls dann auszugehen, wenn das Kind deutlich weniger als die Hälfte der im Rahmen der Regelstudiendauer erforderlichen Aufgaben erledigt.
Sachverhalt
Der im Jahr 1987 geborene Sohn des Klägers befand sich bis Ende des Jahres 2005 in Schulausbildung. Im September 2006 begann der Sohn mit einem Fernlehrgang zur Vorbereitung auf das Abitur. Der Lehrgang hat eine Regelstudiendauer von 5 Semestern (30 Monate), berechnet auf der Basis einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 - 25 Stunden. Zum Abschluss des Fernlehrgangs in der Regelstudiendauer ist die Abgabe von ca. einer Hausaufgabe pro Woche erforderlich. Seit Lehrgangsbeginn hat der Sohn 22 Aufgaben erfolgreich bearbeitet und zur Korrektur eingesandt. Bei Beibehaltung dieses Arbeitstempos wurde eine Erreichung des Abiturs in ca. 10 Jahren prognostiziert. Ende November 2007 erfolgte der Abbruch des Fernlehrgangs. Die Familienkasse hat die Festsetzung des Kindergeldes für Januar 2006 bis November 2007 aufgehoben, da die Teilnahme am Fernlehrgang nicht als Ausbildung zu werten sei. Im Klageverfahren trägt der Kläger vor, der Kindergeldanspruch bestehe, weil der Sohn im Zeitraum Januar 2006 bis November 2007 seinen schulischen Verpflichtungen aufgrund einer chronischen Erkrankung nur bedingt habe nachkommen können.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da der Sohn sich wegen unzureichender Lernanstrengungen in dem streitigen Zeitraum nicht in Berufsausbildung i.S.des § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG befunden hat. Dies ist nämlich nur dann der Fall, wenn das Kind sich ernsthaft auf sein Berufsziel vorbereitet. Für die Monate Januar 2006 bis August 2006 hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, dass der Sohn einer Ausbildung nachgegangen ist. Der Besuch des Gymnasiums endete im Dezember 2005. Für die Folgezeit hat der Kläger erst wieder ab September 2006 mit dem Besuch des Fernlehrgangs eine Ausbildung geltend gemacht. Auch für die Monate September 2006 bis November 2007 liegt keine Ausbildung vor, weil der Sohn den Fernlehrgang nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit betrieben hat. Der Sohn ist im streitigen Zeitraum auch nicht im Hinblick auf seine Erkrankung kindergeldrechtlich zu berücksichtigen.
Hinweis
Das rechtskräftige Urteil des FG München zeigt, dass trotz des von der Rechtsprechung sehr weit auszulegenden Begriffs der Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG eine Ausbildung als Voraussetzung für die Gewährung von Kindergeld dann nicht anerkannt werden kann, wenn es eindeutig an der Ernsthaftigkeit der Ausbildung fehlt. Außerdem macht die Entscheidung deutlich, dass eine Erkrankung des Kindes nur dann zur Fortzahlung des Kindergeldes führt, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Krankheit eine ernsthafte Ausbildung verhindert. Für die Praxis kann daher nur geraten werden dafür zu sorgen, dass die Voraussetzungen für die Ernsthaftigkeit einer Ausbildung erfüllt sind und auch nachgewiesen werden können.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 18.08.2010, 10 K 2169/09