Leitsatz
1. Die Gewinnung von Ton auch in gebrannter Form und die Herstellung von Schamotte-Körnungen sind der Klasse 14.22 der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen, weshalb eine Energiesteuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
EnergieStG nicht in Betracht kommt.
2. Durch Brennen von Ton hergestellte Schamotte-Körnungen sind nicht deshalb in die Klasse DI 26.26 der Klassifikation der Wirtschaftszweige einzureihen, weil in dieser Klasse andere gebrannte mineralische Stoffe (Dolomit und Gips) ausdrücklich genannt sind, denn eine Regelungslücke liegt nicht vor.
3. Zur Anwendung und Auslegung der Klassifikation der Wirtschaftszweige kann das Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken herangezogen werden.
Normenkette
§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG, § 76 FGO, Art. 2 Abs. 4 Richtlinie 2003/96/EG
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes. Aus von ihr geförderten oder zugekauften Tonsorten und aus weiteren Zuschlagstoffen stellt sie keramische Schamotte her. Die Materialien werden in einem Drehrohrofen gebrannt. Dadurch entstehen Schamottescherben, die anschließend zu Schamottemehlen bzw. ‐körnungen gemahlen werden. Von den Kunden der Klägerin werden die Schamotte zur Herstellung feuerfester Steine, Platten oder Fliesen verwendet.
Den Antrag der Klägerin auf Entlastung von der Energiesteuer lehnte das HZA mit der Begründung ab, die Klägerin stelle lediglich Vorprodukte für die Produktion begünstigungsfähiger Erzeugnisse her. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG urteilte, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht dem Wirtschaftszweig "Herstellung keramischer Erzeugnisse", sondern dem Wirtschaftszweig "Erzbergbau, Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau" zuzuordnen (FG München, Urteil vom 25.7.2013, 14 K 3916/10).
Entscheidung
Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Hinweis
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG wird Unternehmen des Produzierenden Gewerbes auf Antrag eine Steuerentlastung für versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die für die Herstellung verschiedener in der Vorschrift aufgeführter Waren verwendet worden sind. Ob die (oftmals sehr speziellen) Produkte eines Unternehmens von diesem Katalog erfasst werden, ist häufig im Streit, aber auch immer Einzelfallentscheidung, die wenig Bedeutung für andere Streitfälle hat. Von grundsätzlicher Bedeutung sind jedoch die für die Einreihung in den Warenkatalog der Vorschrift entwickelten Maßstäbe.
Mit vorgenannter Vorschrift ist Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 5. Spiegelstrich der EnergieStRL (Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom) in nationales Recht umgesetzt worden. Nach dieser Bestimmung gilt nämlich die Richtlinie nicht für Verfahren, die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 9.10.1990 betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE) unter die NACE-Klasse DI 26 "Verarbeitung nicht-metallischer Mineralien" fallen (mineralogische Verfahren). Mit der vorliegenden Entscheidung setzt der BFH seine Rechtsprechung fort, der zufolge die NACE zur Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG heranzuziehen ist und das Unternehmen die in der Vorschrift genannten Endprodukte selbst herstellen bzw. hergestellte Vorprodukte selbst weiterverarbeiten muss (BFH, Urteil vom 26.10.2010, VII R 50/09, BFHE 231, 443, ZfZ 2011, 23).
Die Tätigkeit der Klägerin des Streitfalls, Schamotte-Mehl und Schamotte-Körnungen durch das Zermahlen von Schamottescherben herzustellen, hat der BFH mit dem vorliegenden Urteil nicht der NACE-Klasse DI 26 zugeordnet. Diese könnten lediglich als Vorprodukte für die Kunden der Klägerin zur Herstellung feuerfester keramischer Werkstoffe angesehen werden. Dass von der NACE-Klasse DI 26 auch die Herstellung von gebranntem Dolomit und gebranntem Gips erfasst werde, bedeute nicht, dass alle mineralischen Stoffe, die gebrannt werden könnten, in diese Klasse einzuordnen seien. Eine in der statistischen Systematik NACE bestehende Lücke hinsichtlich der von der Klägerin durch Brennen des selbst geförderten oder zugekauften Tons hergestellten Schamotte-Mehle und Schamotte-Körnungen sei nicht erkennbar.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.2.2015 – VII R 50/13