Leitsatz
Eine nichtrechtsfähige Stiftung unterliegt nicht der Ersatzerbschaftsteuer.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, §§ 80 ff. BGB, § 1 Abs. 1, § 3 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Stadt, ist Trägerin der nichtrechtsfähigen Stiftung B. Die Erträge der Stiftung B sollten Nachkommen des B und "Bürgerkindern" zugutekommen. Die Stiftung ist körperschaftsteuerpflichtig.
Das FA setzte für die Stiftung B Ersatzerbschaftsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG fest. Auch die Vorinstanz (FG Köln, Urteil vom 25.5.2016, 7 K 291/16, Haufe-Index 9680948, EFG 2016, 1447) war der Meinung, nichtrechtsfähige Familienstiftungen mit einer Körperschaft des öffentlichen Rechts als Träger unterlägen der Ersatzerbschaftsteuer.
Entscheidung
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Die nichtrechtsfähige Stiftung B ist keine Familienstiftung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG und unterliegt daher nicht der Ersatzerbschaftsteuer. Die nichtrechtsfähige Stiftung besitzt kein eigenes Vermögen. Der Ersatzerbschaftsteuer soll aber gerade das Vermögen unterliegen. Daher schließt § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG Stiftungen ohne Rechtsfähigkeit nicht ein. Das Stiftungsvermögen ist konstitutives Merkmal der rechtsfähigen Stiftung.
Bei einer nichtrechtsfähigen Stiftung ist dagegen zivilrechtlicher Eigentümer des Vermögens der Träger der Stiftung. Denn bei der Prüfung, wer Eigentümer des Vermögens ist und daher der Ersatzerbschaftsteuer unterliegt (§ 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG), kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist. Das folgt aus der Einordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Verkehrsteuer
Weitere Normen des ErbStG, die das Wort "Stiftung" verwenden, beziehen sich ebenfalls nur auf die rechtsfähige Stiftung.
Schließlich steht der Nichteinbeziehung der nichtrechtsfähigen Stiftung in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStGauch nicht entgegen, dass sie körperschaftsteuerpflichtig sein kann. Denn nach § 1 Abs. 1 KStG sind auch Vermögensmassen körperschaftsteuerpflichtig unabhängig davon, ob sie rechtsfähig oder nichtrechtsfähig sind (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 3 KStG).
Hinweis
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer in Zeitabständen von je 30 Jahren das Vermögen einer sog. Familienstiftung (vgl. BFH, Urteil vom 18.11.2009, II R 46/07, BFH/NV 2010, 898). Ob eine Stiftung als Familienstiftung anzusehen ist, ist anhand des vom Stifter verfolgten Zwecks der Stiftung zu beurteilen, wie er ihn objektiv erkennbar in der Satzung zum Ausdruck gebracht hat. Die Ersatzerbschaftsteuer soll eine gemäß dem Generationenwechsel wiederkehrende Besteuerung des in der Familienstiftung vorgehaltenen Vermögens gewährleisten.
2. Im Besprechungsfall geht es um die Frage, ob sich diese Besteuerung nur auf rechtsfähige Stiftungen bezieht. Diese sind in §§ 80 ff. BGB geregelt. Rechtsfähige Stiftungen sind Träger von Rechten und Pflichten und können so auch Vermögen in eigener Person akkumulieren.
3. Nichtrechtsfähige Stiftungen haben keine definierte Struktur. Zivilrechtlich ist die nichtrechtsfähige Stiftung kein eigenständiges Rechtssubjekt. Das Vermögen ist einem Treuhänder zugeordnet. Nach § 3 Abs. 1 KStG können nichtrechtsfähige Stiftungen allerdings körperschaftsteuerpflichtig sein.
4. Der BFH subsumiert in seiner Entscheidung nichtrechtsfähige Stiftungen nicht unter den Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG für die Ersatzerbschaftsteuer. Ob daraus ein Gestaltungsmodell entsteht, ist fraglich. Rechtsfähige Familienstiftungen machen den überwiegenden Anteil an Stiftungen in der Bundesrepublik Deutschland aus. Neben der Klärung der rechtlichen Struktur der nichtrechtsfähigen Stiftung müsste dafür gesorgt werden, dass nicht der Treuhänder selbst der Erbschaftsteuer unterworfen wird. Demgemäß fokussiert auch die Vorinstanz die Einbeziehung der nichtrechtsfähigen Stiftungen auf Sachverhaltsgestaltungen, in denen wie im Streitfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts "unsterblicher" Träger der Stiftung ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.1.2017 – II R 26/16