Leitsatz

Unentgeltliche Vermögensübertragungen zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung sind regelmäßig keine freigebigen Zuwendungen i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Eine ostdeutsche Handwerkskammer übertrug 1992 unentgeltlich ein Grundstück auf eine Kreishandwerkerschaft ihres Bezirks, auf dem diese ihren Sitz hatte. Während des Bestehens der DDR diente das Grundstück der (unselbstständigen) Kreisgeschäftsstelle der Kammer.

Das FA setzte wegen der Grundstücksübertragung Schenkungsteuer gegen die Kreishandwerkerschaft fest.

 

Entscheidung

Der BFH hob den Schenkungsteuerbescheid auf. Sowohl die Handwerkskammer als auch die Kreishandwerkerschaft sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts Teil der staatlichen Verwaltung. Die Kammer hat bei der unentgeltlichen Grundstücksübertragung nicht außerhalb des Rahmens der ihr obliegenden Aufgaben gehandelt. Es gehört zwar nicht zu ihren durch die Handwerksordnung bestimmten Aufgaben, der von ihr beaufsichtigten Kreishandwerkerschaft unentgeltlich das von dieser genutzte Grundstück zu übertragen; die Übertragung erfolgte aber im Zug der gesetzlich angeordneten Neuorganisation der Berufskammern im Beitrittsgebiet.

 

Hinweis

Wegen der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht nach Art. 20 Abs. 3 GG – wozu auch die jeweils maßgeblichen haushaltsrechtlichen Vorschriften gehören – ist im Regelfall anzunehmen, dass die Träger öffentlicher Verwaltung in Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufgaben und somit nicht freigebig handeln. Vermögensübertragungen zwischen Trägern öffentlicher Verwaltu//ng erfolgen regelmäßig in Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben. Ein Anspruch des übernehmenden Verwaltungsträgers auf die Vermögensübertragung ist nicht erforderlich, um die Freigebigkeit der Zuwendung auszuschließen.

Ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der Übernehmer kein Träger öffentlicher Verwaltung ist, geht aus der vorliegenden Entscheidung nicht hervor. Da auch solche Vermögensübertragungen regelmäßig einer haushaltsrechtlichen Grundlage bedürfen, müssten diese Grundsätze in derartigen Fällen gleichermaßen gelten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.12.2004, II R 46/02

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