Leitsatz

Ist Gegenstand der Übertragung ein zu bebauendes Grundstück, das der Veräußerer unter der Bedingung der Fertigstellung des Bauvorhabens vermietet hat, liegt keine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG 1999 vor.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1a UStG 1999, Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GbR, erwarb im Dezember 1996 – zunächst mit ausgewiesener USt – ein bebautes Grundstück, das bereits die Verkäuferin in Bebauungsabsicht erworben und aufschiebend bedingt durch den erforderlichen Abriss des Gebäudes und die Erstellung einer Gaststättenanlage an einen Gastwirt vermietet hatte. Die Verkäuferin erteilte 2000 eine berichtigte Rechnung ohne USt-Ausweis.

Das FA erfasste die Berichtigung, das FG meinte, es liege eine Geschäftsveräußerung vor (Sächsisches FG, Urteil vom 16.12.2004, 3 K 891/03, Haufe-Index 1454265).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision aus den eingangs genannten Gründen statt. Selbst wenn die Verkäuferin im Streitfall zunächst beabsichtigt haben sollte, das Grundstück mit einem Gastronomiekomplex zu bebauen, zu vermieten und im eigenen Bestand zu halten: Im Zeitpunkt der Veräußerung bestand kein hinreichend verfestigtes Vermietungsunternehmen, das hätte fortgeführt werden können. Hiergegen sprach bereits, dass ein unbebautes Grundstück übertragen wurde, die Finanzierung der beabsichtigten Bebauung nicht gesichert war und die Verkäuferin den Verkauf des erst noch zu bebauenden Grundstücks betrieben hatte.

Der BFH ließ offen, ob die Rechnungsberichtigung zu einer Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung gem. § 9 UStG führt, denn dies würde zum Verlust des Vorsteuerabzugs für das Jahr der ursprünglichen Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts, nicht aber zu einer Änderung im Jahr der Rückgängigmachung des Verzichts führen.

 

Hinweis

1. Gemeinschaftsrechtlich geklärt ist, dass die Regelung zur Nichtbesteuerung der Geschäftsveräußerung die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen erleichtern und vereinfachen soll. Erfasst ist deshalb (nur) die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbstständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit.

2. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Zwar ist nicht erforderlich, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen werden und dass das übernommene Unternehmen in seinem Zuschnitt unverändert fortgeführt wird. Der Annahme einer Fortsetzung der bisher durch den Verkäufer ausgeübten Tätigkeit steht es zwar nicht entgegen, wenn der Erwerber den erworbenen Geschäftsbetrieb im Zuschnitt verändert oder modernisiert. Ob eine Geschäftsveräußerung i.S.d. UStG vorliegt, muss sich aber im Zeitpunkt des Verkaufs zwar aus der Sicht des Verkäufers, aber aufgrund objektiv nachvollziehbarer Anhaltspunkte beurteilen lassen. Dies erfordert eine Bestandsaufnahme der vom Veräußerer (tatsächlich) ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit in der Zusammenschau mit den Veräußerungsbedingungen und -umständen.

3. Bei vermieteten oder verpachteten Grundstücken hat der BFH zwar die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung bejaht, wenn der Erwerber – was zivilrechtlich die Regel ist – die Nutzungsverträge übernimmt. Beschränkt sich die unternehmerische Tätigkeit des Verkäufers im Wesentlichen auf die Errichtung eines Gebäudes, die Suche von Mietern für das zu errichtende Gebäude und den Verkauf des Grundstücks, fehlt es an einem hinreichend verfestigten "Vermietungsunternehmen", das der Erwerber fortführen könnte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.09.2008 – V R 21/07

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge