Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
Bei einer Betriebsverpachtung ist § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG grundsätzlich nicht anzuwenden.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 GewStG , § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG , § 15 Abs. 2, 3 Nrn. 1 und 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin – eine KG – verpachtete 1991 ihren gesamten Betrieb (Betriebsgrundstücke, Maschinen, Betriebs-, Lager- und Büroeinrichtungen und alle übrigen Wirtschaftsgüter des Betriebs) an die S-GmbH. Diese übernahm auch das gesamte Personal der KG. Dafür erhielt die KG als Pachtzins 90 % des Reinertrags aus dem überlassenen Vermögen und den Dienstleistungen.
Die Klägerin betrieb weiterhin im großen Umfang die Verwaltung fremder Eigentumswohnungen. Ab 1993 hatte sie als Komplementärin nur noch die D-GmbH.
Das FA gewährte der Klägerin die beantragte Gewerbesteuerbefreiung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht. Das FG gab der Klage für 1992 statt und wies sie für die Folgejahre ab.
Entscheidung
Das BFH hob das Urteil hinsichtlich 1992 auf und wies die Klage auch für dieses Jahr ab. Die Gewerbesteuerpflicht ergebe sich insbesondere aus der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, im Übrigen aus der Geprägeregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 GewStG.
Die Gewerbesteuerbefreiung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei ausschließlich bei der Nutzung und Verpachtung eigenen Grundbesitzes zu gewähren, eine Betriebsverpachtung sei jedoch keine bloße Verwaltung eigenen Grundbesitzes. Das sei selbst dann so, wenn mit der Mitverpachtung von Mobiliar zur Grundstücksnutzung lediglich eine als äußerst geringfügig zu betrachtende gewerbliche Tätigkeit hinzuträte.
Hinweis
Der BFH hat erst vor kurzem seine Rechtsprechung bestätigt, dass die Gewerbesteuerbefreiung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht für Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gilt (BFH, Urteil vom 22.2.2005, VIII R 53/02, BFH-PR 2005, 328); die Tätigkeit sei eine – durch die Verflechtung der Besitzgesellschaft mit der Betriebsgesellschaft – besonders qualifizierte Grundbesitzverpachtung oder -vermietung und damit ihrer Natur nach gewerblich und nicht nur vermögensverwaltend, wie dies § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG voraussetze (vgl. bereits BFH, Urteile vom 29.3.1973, I R 174/72, BStBl II 1973, 686 und vom 28.6.1973, IV R 97/72, BStBl II 1973, 688).
Auch bei der hier zu beurteilenden Betriebsverpachtung handelt es sich um eine besonders qualifizierte Grundbesitzverpachtung. Das zeigt sich besonders deutlich dort, wo der Grundbesitz – neben anderen Wirtschaftsgütern – lediglich einen Teil des verpachteten betrieblichen Organismus ausmacht (so im Streitfall), aber auch dort, wo der Einsatz der Grundstücke bereits als solcher die Tätigkeit prägt und diese zu dem – verpachtungsfähigen – Gewerbebetrieb macht.
Diese zur Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung entwickelten Grundsätze müssen auch für andere Fälle vorübergehender Betriebsunterbrechungen gelten (zu diesen vgl. u.a. BFH, Urteil vom 17.4.1997, VIII R 2/95, BStBl II 1998, 388; Schmidt/Wacker, EStG, 24. Aufl., § 16 RZ. 182, 692 m.w.N.).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.6.2005, VIII R 3/03