Leitsatz
1. Die Kosten für die Anmietung einer Messestandfläche können bei einem ausstellenden Unternehmen nur dann zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG führen, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würde.
2. Zur Zugehörigkeit zum Anlagevermögen kommt es darauf an, ob der Geschäftszweck des betreffenden Unternehmens und auch die speziellen betrieblichen Verhältnisse (z.B. Bedeutung der Messepräsenz innerhalb des von dem Unternehmen praktizierten Vertriebssystems) das dauerhafte Vorhandensein einer entsprechenden Messestandfläche erfordert.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG, § 247 Abs. 2 HGB
Sachverhalt
Die klagende GmbH entwickelt und produziert Gegenstände, die sie durch ein stehendes Händlernetz vertreibt. In den Streitjahren 2009 bis 2011 mietete sie wiederholt auf bestimmten turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen und Räumlichkeiten an, um ihre Produkte dort zu präsentieren. Den dafür entstandenen Aufwand behandelte sie als abziehbare Betriebsausgaben; eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung erklärte sie insoweit nicht.
Nach einer Außenprüfung rechnete das FA den Aufwand nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzu.
Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt (FG Münster, Urteil vom 9.6.2020, 9 K 1816/18 G, Haufe-Index 14058306, EFG 2020, 1689).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA einstimmig durch Beschluss nach § 126a FGO als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil betrifft wieder einmal die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen, die voraussetzt, dass das angemietete Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen des Mieters gehören würde, wenn es in seinem Eigentum stünde.
Anlagevermögen sind die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich deshalb an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb. Dessen Verwendung als Produktionsmittel spricht für die Zuordnung zum Anlagevermögen, der Einsatz als zu veräußerndes Produkt für eine Zuordnung zum Umlaufvermögen.
2. Maßgeblich ist, ob der Geschäftsgegenstand des Unternehmens und die betrieblichen Verhältnisse das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter erfordern, ob also – bei unterstelltem Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut – dessen betriebliche Tätigkeit sich wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird.
Ein Gegenstand kann zwar auch dann dem (fiktiven) Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet wird; der Steuerpflichtige muss dann aber derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigen (z.B. gleichartige Container zur Weitervermietung im BFH-Urteil vom 29.11.1972, I R 178/70 (BStBl II 1973, 148) oder gleichartige Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen im BFH-Urteil vom 30.3.1994, I R 123/93 (BFH/NV 1994, 81, BStBl II 1994, 810).
3. Die Würdigung des FG, dass die nicht unmittelbar an Endabnehmer verkaufende Klägerin nicht auf die ständige Verfügbarkeit von Messestandflächen angewiesen war und die Teilnahme an Messen für den Verkauf der Produkte zwar förderlich, aber nicht betriebsnotwendig war, sodass sie jedes Jahr neu darüber entschied, ob und an welchen Messen sie teilnahm, war möglich und damit für den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend.
4. Aus dem BFH-Urteil vom 25.10.2016, I R 57/15, BStBl II 2022, 273, BFH/NV 2017, 388, zu einer Messedurchführungsgesellschaft ergibt sich nicht, dass die Anmietung einer Messestandfläche in anderen als dem dort behandelten Sonderfall immer zur Annahme von Anlagevermögen führt. Mit dem Sachverhalt des Konzertveranstalter-Falls (BFH, Urteil vom 8.12.2016, IV R 24/11, BStBl II 2022, 276, BFH/NV 2017, 985) war der Streitfall nicht vergleichbar.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 23.3.2022 – III R 14/21