Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Aufwendungen für eine Messestandfläche
Hintergrund: Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Messestandflächen
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von ... ist. Die GmbH selbst hat keinen Direktvertrieb; sie verkauft ihre Produkte durch ein stehendes Händlernetz. In den Streitjahren 2009 bis 2011 mietete sie wiederholt auf bestimmten turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen und Räumlichkeiten an, um ihre Produkte dort zu präsentieren. Hierdurch entstand ihr ein jährlicher Aufwand in Höhe von 96.758 EUR (2009), 78.174 (2010) und 105.264 EUR (2011). Den Aufwand behandelte sie als abziehbare Betriebsausgaben; eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung eines Teils der Mietzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG erklärte sie nicht.
Das Finanzamt (FA) gelangte nach Durchführung einer Außenprüfung für die Streitjahre 2009 bis 2011 zu der der Auffassung, dass eine Hinzurechnung des Aufwands nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG zum gewerblichen Gewinn zu erfolgen habe. Den Einspruch gegen die geänderten Gewerbesteuermessbescheide wies das FA als unbegründet zurück.
FG gab der Klage der GmbH statt
Das FG gab der dagegen gerichteten Klage, mit der die GmbH begehrte, die Gewerbesteuermessbeträge dahingehend abzuändern, dass die aus der Anmietung von Messestandflächen vorgenommenen Hinzurechnungsbeträge unterblieben, statt.
Entscheidung: BFH hält die Revision des FA für unbegründet
Nach Auffassung des BFH hat das FG die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG zutreffend ausgelegt. Die Revision des FA ist daher unbegründet.
Gesetzliche Regelung
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel aus 13/20 (2009) bzw. aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (2010, 2011) – einschließlich Leasingraten – für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG 100.000 EUR übersteigt.
Der Begriff des Anlagevermögens ist – wovon das FG zu Recht ausgegangen ist – nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb bestimmten Wirtschaftsgüter. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter.
Kein fiktives Anlagevermögen
Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden. Diese Fiktion ist auf den Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln.
Das FG hat den Geschäftsgegenstand der GmbH berücksichtigt und sich soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen orientiert. Es hat ausgehend von dem Geschäftszweck der GmbH, die ausschließlich ein Produktionsunternehmen betreibt, festgestellt, dass sie die hergestellten Produkte nicht unmittelbar an die Endabnehmer verkauft, sondern diese vielmehr unternehmensfremd durch ein stehendes Händlernetz indirekt vertrieben wurden. Der Unternehmensgegenstand erforderte daher keine zwingende Messeteilnahme.
Diese Würdigung des FG, dass die Klägerin unter Berücksichtigung des Geschäftsgegenstands und der Vertriebswege auf die ständige Verfügbarkeit von Messestandflächen nicht angewiesen war, die Teilnahme an Messen für den Verkauf der Produkte zwar förderlich, aber nicht betriebsnotwendig war, ist zumindest möglich und damit für den Senat bindend.
Das FA weist zwar zutreffend darauf hin, dass auch kurzfristige Anmietungen zur Annahme von Anlagevermögen führen können. Das bedeutet jedoch nicht, dass jede kurzfristige Anmietung eines beweglichen oder unbeweglichen Wirtschaftsguts die Annahme von Anlagevermögen nach sich zieht. Die Einordnung als Anlagevermögen kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Wirtschaftsgüter anmietet und sich daraus ergibt, dass er derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Im vorliegenden Fall war die Klägerin aber im Hinblick auf die Vertriebsstruktur und den bestehenden anderweitigen Werbemöglichkeiten nicht ständig auf das Vorhalten von Messestandflächen für den Gebrauch in ihrem Betrieb angewiesen.
BFH Beschluss vom 23.03.2022 - III R 14/21 (veröffentlicht am 23.06.2022)
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