Leitsatz
Ein Beförderungsmittel (hier: Flugzeug), das aus einem Drittland in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird, um es einem Kaufinteressenten zur Ansicht vorzuführen, kann nicht durch einfaches Überschreiten der Zollgrenze konkludent zum Verfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben angemeldet werden.
Normenkette
Art. 202 ZK, Art. 232 Abs. 1, Art. 233 Abs. 1, Art. 234, Art. 558 Abs. 1, Art. 576 Abs. 2 ZKDVO
Sachverhalt
Ein Flugzeug war aus einem Drittland in das Unionsgebiet verbracht worden, um es hier zu verkaufen. Es wurde dabei nicht gestellt. Es wurde ein Probeflug in der Union durchgeführt. Sodann wurde das Flugzeug wieder zurückgebracht, weil der Verkauf nicht zustande kam.
Mit der Begründung, dass der Probeflug ein unzulässiger entgeltlicher innergemeinschaftlicher Flug gewesen sei, setzte das HZA Zoll und Einfuhrumsatzsteuer fest. Den Einspruch wies es mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen für eine formlose Überführung des Flugzeugs in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung seien nicht erfüllt gewesen. Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab (FG München, Urteil vom 25.06.2009, 14 K 1929/08, Haufe-Index 2210089).
Entscheidung
Das Flugzeug ist vorschriftswidrig verbracht worden, denn es hätte bei der zuständigen Zollbehörde angemeldet werden müssen, da es nach den objektiv erkennbaren Umständen bereits im Zeitpunkt seines Verbringens in das Zollgebiet dort nicht als Beförderungsmittel gewerblich verwendet, sondern zum Zweck seines Verkaufs einem potenziellen Käufer vorgeführt werden sollte; eine konkludente Anmeldung durch einfaches Überschreiten der Zollgrenze war deshalb nicht möglich.
Es ist auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, obwohl das HZA die maßgebliche Begründung für seinen Bescheid erst in der Einspruchentscheidung gegeben hat. Denn der der Abgabenfestsetzung zu Grunde liegende Sachverhalt – das Verbringen des Flugzeugs im Zollgebiet – ist von Anfang an gleich geblieben.
Hinweis
Die Frage, in welcher Weise ein Beförderungsmittel zur vorübergehenden Verwendung anzumelden ist, ist danach zu entscheiden, welche tatsächliche Verwendungsabsicht nach den Umständen des Einzelfalls feststellbar ist. Auf diese Absicht kommt es entscheidend an: Denn im Luftverkehr eingesetzte Beförderungsmittel werden durch Überschreiten der Zollgrenze konkludent zur vorübergehenden Verwendung angemeldet; Waren zum Verkauf können zwar unter den in Art. 576 ZKDVO genannten Voraussetzungen ebenfalls in das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben übergeführt werden, sie können jedoch nicht konkludent gem. Art. 232, 233 ZKDVO hierzu angemeldet werden.
Eine bereits beim Grenzübertritt bestehende Absicht, ein – zunächst in zulässiger Weise eingeführtes – Beförderungsmittel später in einer Weise zu verwenden, die eine Zollschuld entstehen lässt, hat aber nicht zur Folge, dass die Zollschuld bereits beim Grenzübertritt entsteht! Im Entscheidungsfall sollte das Flugzeug aber überhaupt nicht als Beförderungsmittel, sondern nur als Verkaufsobjekt verwendet werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 03.11.2010 – VII R 38/09