Leitsatz

Der Verlust des durch eine Direktversicherung eingeräumten Bezugsrechts bei Insolvenz des Arbeitgebers löst keine lohnsteuerrechtlichen Folgen aus. Das folgt aus den Besonderheiten der Insolvenzsicherung gem. § 7 BetrAVG.

 

Normenkette

§ 11 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 40b EStG, § 7 Abs. 2 BetrAVG

 

Sachverhalt

Über das Vermögen der Firma G wurde Ende 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. G hatte ihren Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung durch Abschluss von Direktversicherungen gewährt und dazu im Jahr 1977 einen Gruppen-Direktversicherungsvertrag mit der C abgeschlossen. Nach den Vereinbarungen handelte es sich um eine Versicherung mit widerruflichem Bezugsrecht.

Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatten fast sämtliche Mitarbeiter bereits einen unverfallbaren Versicherungsanspruch erworben. G hatte von den Beitragsleistungen gem. § 40b EStG pauschal LSt abgeführt.

Nachdem der Kläger das Bezugsrecht widerrufen hatte, zahlte C 776.778 € an den Kläger aus. Davon entfielen 30.420 € auf verfallbare Ansprüche. Im Hinblick auf diese Rückzahlung machte der Kläger in der LSt-Anmeldung für März 2002 einen LSt-Erstattungsanspruch i.H.v. 155.355 € geltend. Das FA berücksichtigte einen Erstattungsanspruch nur insoweit, als verfallbare Ansprüche betroffen waren.

Das FG wies die Klage ab (EFG 2006, 495).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Die Auszahlung der Rückkaufwerte der unverfallbaren Anwartschaften führe nicht zu einer Rückzahlung von Arbeitslohn.

 

Hinweis

1. Vor kurzem hatte der BFH bereits entschieden, dass – sofern ein Arbeitnehmer Arbeitslohn zurückzahlt, der dem LSt-Abzug unterlegen hat – der früher gezahlte Arbeitslohn weiterhin als zugeflossen anzusehen ist (§ 11 Abs. 1 EStG; BFH, Urteil vom 7.11.2006, VI R 2/05, BFH-PR 2007, 93). Die zurückgezahlten Beträge sind vielmehr im Zeitpunkt der Rückzahlung als negative Einnahmen oder Werbungskosten zu berücksichtigen.

2. In der Besprechungsentscheidung ging es um die Frage, ob eine (spätere) Rückzahlung von Arbeitslohn anzunehmen ist, wenn ein Insolvenzverwalter aufgrund widerruflicher Bezugsrechte von seinem Recht Gebrauch macht, die Rückkaufswerte unverfallbarer Anwartschaften von Direktversicherungen, deren Beiträge früher pauschal lohnversteuert worden waren, zur Masse zu ziehen.

Der BFH hat die Frage verneint und dies mit den Besonderheiten der Insolvenzsicherung begründet. Durch §§ 7 bis 15 BetrAVG werden Versorgungsrechte der durch eine Versorgungszusage des Arbeitgebers begünstigten Arbeitnehmer bei einer insolvenzbedingten Zahlungsunfähigkeit geschützt. Der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) als Träger der Insolvenzsicherung (§ 14 BetrAVG) wird gesetzlicher Schuldner einer Ausfallhaftung.

Nach den einschlägigen Vorschriften des BetrAVG haben Arbeitnehmer, die bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben, einen Anspruch gegen den PSV, wenn die Anwartschaft auf einer Direktversicherung beruht und der Arbeitnehmer hinsichtlich der Leistungen des Versicherers widerruflich bezugsberechtigt ist. Das bedeutet, dass für den Versorgungsanwärter mit dem Eintritt des Sicherungsfalls eine gesetzliche Versicherungsanwartschaft in Form eines auf den Eintritt des Versorgungsfalls aufschiebend bedingten Anspruchs entsteht. Auf diese Weise bleibt im Ergebnis der Versicherungsschutz für die von der Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer erhalten.

Zwar werden aufgrund des Widerrufs der Bezugsrechte durch den Insolvenzverwalter die Deckungsmittel aus der Versicherung zur Masse gezogen und gehen den Arbeitnehmern insofern verloren. Dieser Verlust wird jedoch durch den gewährleisteten gesetzlichen Insolvenzschutz kompensiert. Der Anspruch gegen den PSV tritt an die Stelle des ursprünglichen Versorgungsanspruchs. Da sich der Umfang der gesicherten Leistungsanwartschaften prinzipiell nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers richtet, ist wirtschaftlich kein Verlust der Versorgungsanwartschaften gegeben. Im Hinblick darauf sind auch die als Arbeitslohn versteuerten Versicherungsbeiträge nicht verloren, sodass für die Annahme einer Lohnrückzahlung kein Raum ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.7.2007, VI R 58/05

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