Leitsatz
1. Wird bei der Übertragung von Teilanteilen an einer Freiberufler-GbR auf einen neuen Gesellschafter das im Miteigentum der beiden bisherigen Gesellschafter stehende Praxisgrundstück nicht (anteilig) mitveräußert, scheidet die Tarifbegünstigung des Veräußerungsgewinns aus der Teilanteilsveräußerung aus. Das Grundstück gehört nicht zum Betriebsvermögen einer von der Veräußerung nicht betroffenen Besitzgesellschaft i.S.d. Rechtsprechung zur mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung.
2. Die Überlassung eines Praxisgrundstücks seitens einer ganz oder teilweise personenidentischen Miteigentümergemeinschaft an eine Freiberufler-GbR begründet keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16, § 18, § 34 EStG
Sachverhalt
Zwei Tierärzte betrieben eine Gemeinschaftspraxis auf einem ihnen je zur Hälfte gehörenden Grundstück. Im Streitjahr 1998 nahmen sie einen dritten Tierarzt in die Gemeinschaftspraxis auf, der einen Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile an die Altgesellschafter zahlte und eine Bareinlage in das Gesellschaftsvermögen leistete. An dem Grundstück wurde der neue Gesellschafter nicht beteiligt.
Das FA behandelte den Gewinn der Altgesellschafter aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile als nicht tarifbegünstigt, weil die stillen Reserven des zum Sonderbetriebsvermögen rechnenden Grundstücks nicht anteilig mit aufgedeckt worden seien.
Die Altgesellschafter waren der Meinung, das Grundstück sei nicht Sonderbetriebsvermögen der Gemeinschaftspraxis, sondern Betriebsvermögen einer personenidentischen Besitzgesellschaft gewesen.
Entscheidung
Weder FG noch BFH teilten die Auffassung der Altgesellschafter. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Nutzungsüberlassung des Grundstücks angesichts der tatsächlichen Handhabung durch die Tierärzte überhaupt als Besitzunternehmen angesehen werden könne. Selbst wenn diese Bedenken aber zurückgestellt würden, läge zumindest keiner der Fälle vor, in denen eine Bilanzierungskonkurrenz zwischen nutzendem und überlassendem Unternehmen zugunsten des überlassenden Unternehmens gelöst würde.
Insbesondere komme eine Betriebsaufspaltung mit einer freiberuflichen Betriebsgesellschaft nicht in Betracht.
Hinweis
1. Wird bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung der Betriebspersonengesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage von einer Besitzpersonengesellschaft überlassen, kann das betreffende Wirtschaftsgut sowohl Sonderbetriebsvermögen der Doppelgesellschafter bei der Betriebsgesellschaft als auch notwendiges Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft sein. Seit mittlerweile zehn Jahren löst der BFH diese Bilanzierungskonkurrenz zugunsten der Besitzpersonengesellschaft. Die Grundsätze hierzu hat der BFH erst kürzlich in einem Urteil vom 18.8.2005 zusammengefasst (Az. IV R 59/04, BFH-PR 2005, 452).
2. Im hiesigen Fall versprach sich eine Freiberufler-GbR einen Vorteil davon, wenn das im Bruchteilseigentum der Gesellschafter stehende Grundstück Betriebsvermögen einer Besitzgesellschaft gewesen wäre (hierzu näher unter 3.). Der BFH musste sich deshalb zu der Frage äußern, ob nicht nur bei gewerblicher, sondern auch bei freiberuflicher Betätigung einer Personengesellschaft eine Betriebsaufspaltung möglich ist. Diese Frage verneint der BFH, weil einerseits nicht denkbar ist, dass die Besitzgesellschaft ihrerseits via Betriebsaufspaltung freiberufliche Einkünfte erzielt. Denn ein nicht qualifizierter "Nur-Besitzgesellschafter" würde die Voraussetzungen für freiberufliche Einkünfte nicht erfüllen.
Die Einkünfte der Besitzgesellschaft je nach Berufsqualifikation der Besitzgesellschafter in gewerbliche und freiberufliche zu spalten, hielt der BFH wegen der einfacheren und vom Gesetz vorgesehenen Zuordnung der Anteile der Doppelgesellschafter zum Sonderbetriebsvermögen bei der Freiberufler-Betriebsgesellschaft nicht für angebracht.
Ebenso lehnte es der BFH ab, eine Besitzgesellschaft mit insgesamt gewerblichen Einkünften anzunehmen. Denn es fehle an einem einheitlichen gewerblichen Betätigungswillen. Auch die historische Begründung für die Betriebsaufspaltung, nämlich die Sicherung des Gewerbesteueraufkommens, greife bei freiberuflichen Einkünften nicht. Es gibt danach also keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung bei freiberuflicher Tätigkeit.
3. Vorteilhaft wäre die Zuordnung des Grundstücks zum Betriebsvermögen einer Besitzgesellschaft im Besprechungsfall deshalb gewesen, weil dann die Altgesellschafter jeweils einen ganzen Teilmitunternehmeranteil an den neuen Gesellschafter veräußert hätten.
Bis zum 1.1.2002 konnten Teilmitunternehmeranteile grundsätzlich noch tarifbegünstigt veräußert werden (s. BFH, Urteil vom 16.9.2004, IV R 11/03, BFH-PR 2005, 56). Für spätere Veräußerungsvorgänge gilt § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 EStG in seiner jetzigen Fassung. Danach führt die Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils heute immer zu einem laufenden Gewinn.
Im hiesigen Fall, der noch nach der alten Rechtslage zu beurteilen war, hätten die ...