Leitsatz
1. Zinsen, die der Gesellschafter einer GmbH nach Veräußerung der Beteiligung für ein Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung der im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung zahlt, können – jedenfalls nach der bis einschließlich 1998 geltenden Rechtslage – nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
2. Anteile, die von einem an einer Körperschaft (hier: kanadische Limited) mehrheitlich beteiligten Gesellschafter an eine GmbH veräußert werden, an welcher der Veräußerer als alleiniger Gesellschafter ebenfalls beteiligt ist, dienen nach der Veräußerung nur noch der GmbH zur Einkünfteerzielung. Ein Durchgriff durch die GmbH auf den hinter ihr stehenden alleinigen Gesellschafter kommt grundsätzlich nicht in Betracht.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 2 EStG, § 1 KStG, § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO
Sachverhalt
Der Kläger veräußerte 1995 seine refinanzierte, im Privatvermögen gehaltene Mehrheitsbeteiligung an einer Kanadischen Limited an eine inländische GmbH, deren Alleingesellschafter er war. Der Limited hatte er außerdem Darlehen gewährt, die er ebenfalls für nur 1 DM an die GmbH abtrat. Für von den Mitgesellschaftern an die Limited gewährte Darlehen hatte er Bürgschaften übernommen.
Das beklagte FA berücksichtigte den Veräußerungsverlust bei der ESt-Festsetzung 1995 für den Kläger. Hingegen anerkannte es nicht die in den Streitjahren 1996 bis 1999 aus der bis dahin noch nicht getilgten Fremdfinanzierung der veräußerten Beteiligung angefallenen Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Einspruch, Klage (EFG 2006, 260) und Revision, mit denen der Kläger eine um die gezahlten Zinsen jeweils höhere gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt begehrte, blieben erfolglos.
Entscheidung
Finanzierungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Beteiligung sind nach ständiger Rechtsprechung nicht den Anschaffungskosten zuzurechnen, sondern als laufende Werbungskosten im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 EStG zu erfassen, so schon der BFH (Urteil vom 19.1.1993, VIII R 74/91, BFH/NV 1993, 714). Der Abzug von Zinsen für Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung einer wesentlichen Beteiligung ist nach deren Veräußerung oder der Auflösung der Gesellschaft als nachträgliche Werbungskosten allerdings aus rechtssystematischen Gründen ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Zeit vor der Veräußerung oder Auflösung entfallen (BFH, Urteil vom 21.1.2004, VIII R 2/02, BFH-PR 2004, 305).
Nach Veräußerung der Beteiligung hätten die Anteile an der Limited nur noch der GmbH zur Einkünfteerzielung gedient. Der Kläger als Gesellschafter der GmbH habe keinen unmittelbaren Gewinn aus der Tätigkeit der GmbH zu versteuern. Vielmehr werde seine Beteiligung steuerlich erst im Rahmen von Ausschüttungen durch die GmbH an ihn bedeutsam. Ein Durchgriff durch die GmbH komme nicht in Betracht.
Hinweis
1. Mit der Entscheidung stellt der BFH klar, dass er an seiner jahrzehntelangen Rechtsprechung festhält, wonach im Bereich der Überschusseinkünfte – anders als bei den Gewinneinkünften (dazu jüngst BFH, Urteil vom 28.3.2007, X R 15/04, BFH-PR 2007, 327) – steuerlich nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Dementsprechend hat der BFH im Beschluss vom 18.5.2005, VIII B 141/04 (BFH/NV 2005, 1783) wiederholt einen weiteren Klärungsbedarf dieser Rechtsfrage im Rahmen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verneint, obwohl die Finanzgerichte und das Schrifttum seit langem mehrheitlich Kritik an der höchstrichterlichen Rechtsprechung üben (vgl. Drenseck in Schmidt, EStG, 26. Aufl., § 9 Rz. 40, m.w.N.).
2. Auch der IX. Senat des BFH (Urteil vom 4.9.2000, IX R 44/97, BFH/NV 2001, 310) hat an dieser Rechtsprechung grundsätzlich festgehalten. Soweit er nachträgliche Werbungskosten anerkannt hat, betraf dies entweder Sonderfälle, wie das Urteil vom 12.10.2005, IX R 28/04 (BFH-PR 2006, 91) zu Zinsen für sofort als Werbungskosten abziehbaren, darlehensfinanzierten Erhaltungsaufwand, oder nachgezahlte Zinsen für einen Zeitraum, in dem der fremdfinanzierte Vermögensgegenstand noch der Einkünfteerzielung gedient hatte (vgl. auch BFH, Urteil vom 5.10.2004, VIII R 64/02, BFH-PR 2005, 9).
3. Ob die Unterscheidung nach Maßgabe des sog. Einkünfte-Dualismus noch tragfähig ist, wenn der im Privatvermögen befindliche, fremdfinanzierte und der Einkünfteerzielung dienende Vermögensgegenstand insoweit steuerverhaftet ist, dass Veräußerungsgewinne – zumindest weitgehend – wie im Betriebsvermögen steuerlich erfasst werden, hatte der VIII. Senat des BFH noch nicht zu entscheiden. Er spricht die Frage zwar deutlich an, lässt dabei aber offen, ab welcher Höhe der Wesentlichkeitsgrenze (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG) – also bereits bei 10 % oder erst bei 1 % – er eine sachliche Berechtigung für eine Änderung der Rechtsprechung sieht. Der Gesetzgeber hat zudem nämlich konzeptionell Gewinnausschüttung und Veräußerung – als Totala...