Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Ein Arbeitnehmer kann bei Übernachtungen im Ausland den Differenzbetrag zwischen den vom Arbeitgeber vollständig erstatteten tatsächlichen Kosten und den höheren Übernachtungspauschalen nach den LStR nicht als Werbungskosten geltend machen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG
Sachverhalt
K beantragte im Rahmen seiner ESt-Veranlagung den Ansatz von Werbungskosten für seine dienstlichen Auslandsübernachtungen in Höhe der Pauschbeträge für Übernachtungen im Ausland, soweit diese die tatsächlichen und vom Arbeitgeber steuerfrei erstatteten Kosten überstiegen haben. Das FA setzte die Übernachtungspauschalen nicht als Werbungskosten an, weil K keine eigenen Kosten entstanden waren.
Die Klage dagegen blieb erfolglos (Sächsisches FG, Urteil vom 04.03.2009, 8 K 1098/08, Haufe-Index 2141110, EFG 2010, 125).
Entscheidung
Der BFH bestätigte aus den unter Praxis-Hinweisen dargestellten Erwägungen die Vorinstanz.
Hinweis
Der Besprechungsfall streift nur die dogmatisch durchaus interessante Grundfrage: Können in Steuerrichtlinien enthaltene pauschale Abzugsbeträge Rechtsgrundlage für einen über den tatsächlichen Aufwand hinausgehenden Werbungskostenabzug etwa unter dem Aspekt der Gleichbehandlung sein? Die hier einschlägige Verwaltungsregelung in den LStR gab keinen Anlass, darauf näher einzugehen, weil schon die LStR selbst die vom Steuerpflichtigen gewünschte Rechtsfolge (Abzug der Pauschale trotz Erstattung durch den Arbeitgeber) nicht vorsah. Der Streitfall könnte allerdings dem RL-Geber Anlass sein, in RL vorgesehene pauschale Abzugsbeträge ähnlich wie hier gleichsam "abzusichern". Er könnte Abzüge unter den generellen Vorbehalt der "offensichtlich unzutreffenden Besteuerung" stellen. Der Maßstab für die "zutreffende Besteuerung" folgt aus der gesetzlichen Grundaussage. So auch hier:
1.§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG steht einem über den tatsächlichen Aufwand hinausgehenden Werbungskostenabzug entgegen. Denn Werbungskosten sind zwar Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, zu denen auch Reisekosten für Auslandsdienstreisen gehören können. Aber ein Werbungskostenabzug setzt eine Belastung mit Aufwendungen voraus; an einer solchen tatsächlichen Kostenbelastung hatte es im Streitfall angesichts der Kostenerstattung durch den Arbeitgeber gefehlt.
2. Und konnte dann R 40 Abs. 2 S. 2 LStR für K die gewünschte Rechtsfolge begründen? Nein, denn R 40 Abs. 1 S. 1 LStR fordert ebenfalls tatsächliche Aufwendungen für Übernachtungen. Und R 40 Abs. 2 S. 1 LStR lässt einen Abzug nur insoweit zu, als der Arbeitgeber sie nicht steuerfrei ersetzt hat. Dies bedeutet: R 40 Abs. 2 S. 2 LStR gewährt keinen Pauschbetrag, sondern will lediglich den Nachweis der tatsächlichen Kosten bei Auslandsübernachtungen erleichtern.
3. Die LStR enthalten noch eine weitere "Sicherungslinie": die Auslandspauschalen greifen auch dann nicht, wenn sie zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen. Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer sämtliche Übernachtungskosten erstattet; dies hatte der Senat schon kurz zuvor in einem NZB-Verfahren entschieden (BFH, Beschluss vom 12.11.2009, VI B 66/09, BFH/NV 2010, 884).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 08.07.2010 – VI R 24/09