Leitsatz
Hat der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH kurz vor seinem Bilanzstichtag eine Vorabausschüttung der von ihm beherrschten Gesellschaft veranlasst, so darf er nicht zu dem betreffenden Bilanzstichtag den Anspruch auf eine weitere Dividende ("phasengleich") aktivieren, deren Ausschüttung erst nach diesem Stichtag beschlossen worden ist.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war eine Holdinggesellschaft, die am 20.11.1986 die Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH erworben hatte. Am 23.12.1986 beschloss diese GmbH eine Vorabausschüttung von 6,5 Mio. DM, am 15.12. 1987 die (End-)Ausschüttung weiterer 3,4 Mio. DM. Abweichend von der Holdinggesellschaft berücksichtigte das FA den Gewinnanspruch dieser 3,4 Mio. DM erst im Jahr 1987 und nicht schon in 1986.
Entscheidung
Der BFH sah dies im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats vom 7.8.2000, GrS 2/99 (BStBl II 2000, 632) ebenso. Was dort für eine AG entschieden worden sei, müsse hier auch für eine GmbH gelten. Zwar könne ausnahmsweise die vorzeitige Aktivierung von Dividendenansprüchen in Betracht kommen, dies aber nur, wenn ihr Entstehen objektiv nachgewiesen und endgültig sei. Der Beschluss über eine Vorabausschüttung für ein betreffendes Wirtschaftsjahr dokumentiere gerade nicht mit hinreichender Gewissheit, dass ein weiterer Gewinn zur Ausschüttung zur Verfügung gestanden habe.
Hinweis
Sehen Sie dieses Urteil im Zusammenhang mit den anderen Folgeurteilen, die der BFH bereits im Anschluss an den (umstrittenen) Beschluss seines Großen Senats vom 7.8.2000, GrS 2/99 (BStBl II 2000, 632) zur sog. phasengleichen Bilanzierung gefällt hat, so in den Urteilen vom 31.10.2000, VIII R 85/94, BStBl II 2001, 185, BFH-PR 2001, 84 (zur Personengesellschaft) und vom 20.12.2000, I R 50/95, DStR 2001, 610, BFH-PR 2001, 175 (als demjenigen Fall, der seinerzeit zur Vorlage an den Großen Senat führte). Einmal mehr bestätigt sich, dass die Tür zu einer solchen Bilanzierung nach dieser BFH-Rechtsprechung so gut wie zugeschlagen ist. Vielleicht geht das an den Begriffen des Wirtschaftsguts und des Teilwerts, dem Realisationsprinzip und weiteren tragenden Steuer- und Bilanzierungsgrundsätzen, wie die Kritiker des Großen Senats meinen, ziemlich vorbei; die Würfel sind indes gefallen, und die Praxis wird sich deshalb damit abzufinden haben.
Im Streitfall ging es so dem beherrschenden Anteilseigner einer GmbH, die kurz vor dem maßgeblichen Bilanzstichtag eine hohe Vorabausschüttung beschlossen hatte. Das indiziere, so vermeinte der Anteilseigner, mit hinreichender Sicherheit die (End-)Ausschüttung eines weitergehenden Gewinnbetrags für das abgelaufene Wirtschaftsjahr und rechtfertige deswegen auch bezogen auf diesen Betrag die phasengleiche Bilanzierung. Das mag so sein und seine Richtigkeit haben, vor den Augen des BFH erweist sich diese Sicht allerdings als Irrglaube: Die Ausschüttung der weitergehenden Gewinne sei alles andere als gewiss und 100%ig sicher. Also: keine Bilanzierung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.2.2001, I R 48/94