Leitsatz
Ein Unternehmen, dessen Tätigkeitsschwerpunkt im Sammeltransport von Müll sowie der Herstellung von Ersatzbrennstoffen aus Kunststoffen und der Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung in einem Kraftwerk liegt, ist kein Unternehmen, das gem. der Klasse 37.20 WZ 2003 Recycling nicht metallischer Altmaterialien und Reststoffe betreibt, sondern ein Unternehmen, das der Klasse 90.02 WZ 2003 (Abfallbeseitigung) zuzuordnen ist, sodass die Gewährung einer Steuerbegünstigung nach § 9 Abs. 3 i.V.m. § 2 Nrn. 2a und 3 StromStG nicht in Betracht kommt.
Normenkette
§ 9 Abs. 3, § 2 Nrn. 2a und 3 StromStG
Sachverhalt
Ein Unternehmen besaß eine Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom nach § 9 Abs. 4 StromStG. Es hatte seine Tätigkeit als Kreislaufwirtschaft/Recycling beschrieben. Dabei fallen u.a. folgende Tätigkeiten an:
- Herstellung von Ersatzbrennstoffen aus Kunststoffen
- Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk.
Das Unternehmen möchte seine Zuordnung nach Maßgabe des in diesen Bereichen beschäftigten Personals vorgenommen wissen und hat die dazu erforderlichen Prozent-Angaben gemacht. Auf die beiden vorgenannten Bereiche entfallen mehr als 50 %.
Das Unternehmen ordnet diese Tätigkeiten der Klasse 37.20 des Abschnitts D der Klassifikation der Wirtschaftszweige – Ausgabe 2003 (WZ 2003) zu.
Bei der Herstellung von Ersatzbrennstoffen wurden die gesammelten Kunststoff-Abfälle zerkleinert, u.a. durch Infrarot-Abscheidung erkannt, mechanisch getrennt und pelletiert.
Bei der Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk wird aus Altholz aller Art (u.a. Grünabfall, Sperrmüll, Holzfenster, Türen, Bahnschwellen, Verpackungsholz) durch Zerkleinern ein Brennstoff hergestellt, der im Biomassekraftwerk verbrannt wird. Dazu wird das Altholz zerkleinert und es werden Fremdbestandteile und Eisenmetalle ausgesondert.
Das HZA hingegen ordnet die Herstellung von Ersatzbrennstoffen und die Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk der Klasse 90.02 des Abschnitts O zu. Dabei geht es davon aus, dass lediglich eine Aufbereitung von Abfällen zu energetischen Zwecken vorliege, wobei deren Verbrennung eine Abfallbeseitigung darstelle. Infolgedessen widerrief das HZA die Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom.
Die dagegen erhobene Klage hat das FG abgewiesen (FG Düsseldorf, Urteil vom 20.4.2011, 4 K 3932/10 VSt, Haufe-Index 2689938).
Entscheidung
Der BFH hat diese Entscheidung aufgrund vorgenannter Erwägungen bestätigt.
Hinweis
1. Nach § 9 Abs. 3 StromStG a.F. unterliegt Strom einem ermäßigten Steuersatz, wenn er von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke entnommen wird. Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind Unternehmen, die dem Abschnitt C (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden), D (Verarbeitendes Gewerbe), E (Energie- und Wasserversorgung) oder F (Baugewerbe) der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003), zuzuordnen sind. Abfallbeseitigung (Klasse 90.02 WZ 2003) ist dem Abschnitt O WZ 2003 zuzuordnen, also kein produzierendes Gewerbe. Anders das sog. Recycling (Abschnitt D Klasse 37.20 WZ 2003).
2. Übt ein Unternehmen unterschiedliche Tätigkeiten aus, kann es nach § 15 Abs. 2 Satz 3 StromStV wählen, wie der maßgebliche Schwerpunkt seiner Tätigkeit ermittelt werden soll. Eine Möglichkeit besteht darin, darauf abzustellen, wo im Durchschnitt die meisten Personen tätig waren (§ 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 StromStV).
3. Ist die Herstellung von Ersatzbrennstoffen aus Kunststoffen für die Zementindustrie Recycling? Entscheidend für die Annahme eines Recyclings ist, ob das hergestellte Erzeugnis dazu bestimmt ist, in einem industriellen Herstellungsprozess dahin gehend weiter verwendet zu werden, dass es in einem neuen Produkt aufgeht bzw. zu dessen Bestandteil wird. Das ist bei einem zur Wärmeerzeugung genutzten Brennstoff nicht der Fall: Er wird nicht zu einem neuen Produkt verarbeitet, sondern es wird die in ihm enthaltene thermische Energie nutzbar gemacht für die Herstellung eines neuen Produkts.
Das Gleiche gilt für die Holzpellets: Holz wird als Sonderbrennstoff zur Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme eingesetzt. Das dafür verwendete Altholz ist für eine Verwendung in einem Fertigungsprozess ungeeignet. Es ist Abfall, der lediglich zur Verbrennung in einer bestimmten Art Anlage vorbereitet und dadurch auf nützliche Weise (Nutzung der Energie) entsorgt, aber nicht "verarbeitet" wird.
An der Einordnung ändert sich auch nichts dadurch, dass insbesondere bei dem aus Kunststoffabfall hergestellten Brennstoff ganz bestimmte Qualitätsanforderungen (nach Kundenwunsch) erfüllt werden müssen und unter Umständen – aber nur als untergeordnete Nutzung – bei der Verbrennung entstehende anderweit verwertbare Stoffe entstehen und ihrerseits genutzt werden können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.4.2013 – VII R 25/11