Leitsatz
Die entgeltliche Überlassung von Kfz durch einen "Carsharing"-Verein an seine Mitglieder unterliegt dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 und nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.
Normenkette
§ 12 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, § 52, § 65 AO
Sachverhalt
Ein als gemeinnützig anerkannter "Carsharingverein" überließ seinen Mitgliedern die von ihm angeschafften Fahrzeuge gegen eine Nutzungsgebühr.
Das FA versagte die Steuerermäßigung. Das FG (FG Köln, Urteil vom 21.04.2005, 10 K 2476/00, Haufe-Index 1375082, EFG 2005, 1234) bestätigte dies, weil die in der Satzung ausgeführten Zwecke auch durch andere Mittel hätten verfolgt werden können.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Würdigung des FG, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "Carsharing" nicht das einzige Mittel des Klägers war, um den steuerbegünstigten Satzungszweck zu erreichen, war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und schon deshalb bindend. Deshalb lag kein Zweckbetrieb vor. Ob das anders wäre, wenn der einzige Zweck des Vereins das Carsharing gewesen wäre, war danach nicht entscheidungserheblich.
An der Entscheidung hätte Letzteres m.E. nichts geändert, denn dann fehlte es schon – was das FG angedeutet, aber offen gelassen hatte – an der Gemeinnützigkeit. Auch wenn die Nutzungsüberlassung nur durch die Mitgliedsbeiträge abgegolten wäre, führte dies zu keiner anderen Beurteilung, denn Mitgliedsbeiträge sind, wenn sie mit einer Nutzungsmöglichkeit zusammenhängen, nach der Rechtsprechung Entgelt i.S.d. UStG.
Auch das Gemeinschaftsrecht ergibt keine günstigere Prognose: Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 i.V.m. Anhang H Nr. 14 der 6. RL/jetzt Art. 98 i.V.m. Anhang III Nr. 15 sind die Mitgliedstaaten berechtigt, steuerpflichtige Leistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit einem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Im Gegensatz zum nationalen Recht reicht die bloße Leistungserbringung durch eine gemeinnützige Einrichtung zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht aus. Hinzukommen muss eine Leistung für wohltätige Zwecke oder im Bereich der sozialen Sicherheit. Beides trifft auf die Überlassung von Pkws, auch im Rahmen eines Pkw-Mitbenutzungsmodells, nicht zu.
Hinweis
Umweltschutz gehört nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO zu den gemeinnützigen Zwecken. Auch wenn eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke fördert, ergibt sich hieraus aber noch kein Anspruch auf den ermäßigten Steuersatz. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 2 UStG schließt die Steuervergünstigung selbst bei Verfolgung gemeinnütziger Zwecke aus, wenn der Zweck durch Erbringung von Leistungen verfolgt wird, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.
Liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) vor, bleibt gem. § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung nur erhalten, wenn es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb handelt. Ein Zweckbetrieb (§ 65 AO) ist nur gegeben, wenn er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.06.2008, V R 33/05