Dr. Walter Schmidt, Dr. Herwig R. Friedag
Gute Entscheidungen dank guter Informationen
Entscheidungen sind der zentrale Aspekt jeder Führungstätigkeit. Sie erfolgen immer auf der Grundlage verfügbarer Informationen. Hier liegt das zweite große Aufgabenfeld für den Controller-Service und die von ihm bereitgestellten Kennzahlen. Dabei geht es vor allem um die Fokussierung auf jene Informationen, die für die zu treffenden Entscheidungen wesentlich sind, damit die Aufmerksamkeit der Führungskräfte nicht für Nebensächlichkeiten verschwendet wird. Die bereits erwähnten Zahlenfriedhöfe konterkarieren den Zweck von Entscheidungskennzahlen und künden von der Unfähigkeit oder Unwilligkeit des Controller-Service, sich den notwendigen Konflikten bei der Auswahl der als wesentlich angesehen Informationen zu stellen. Ein solches Controlling verdient den Namen nicht. Fehlende Fokussierung führt in der Konsequenz zur Verschwendung von Geld und Zeit (s. Abb. 6).
Abb. 6: Kennzahlen zur Entscheidungsfindung
Zwischen Berichts- und Führungskennzahlen unterscheiden
Ein gewichtiger Teil entscheidungsrelevanter Informationen beruht auf der Analyse von Ergebnissen, die in Form von Berichten zur Verfügung gestellt werden. Während ein anderer Teil auf die Entwicklung zukünftiger Möglichkeiten und Fähigkeiten (Potenziale) gerichtet ist. Aus dieser Zweiteilung erscheint es uns als sinnvoll, zwischen Berichts- und Führungskennzahlen zu unterscheiden.
Berichtskennzahlen sind hilfreich, wenn sich daraus Handlungsempfehlungen ableiten lassen. Sie sollen Diskussionen und Entscheidungen anregen bezüglich der erfolgskritischen Faktoren eines Unternehmens. Erst durch ein tieferes Verständnis für diese Faktoren kann der Kern des Geschäftes verstanden werden.
Berichtskennzahlen können in Szenarien eingebettet werden. Aus den Erfahrungen der Berichtsperioden lassen sich mit stochastischen Methoden Korridore oder Bandbreiten für die Entwicklung wesentlicher Leistungsindikatoren (KPI) ableiten. Das ist dann sinnvoll, wenn die Führungskräfte und Mitarbeiter trainiert werden, mit Schwankungen dieser Faktoren in bestimmten Grenzen umgehen zu können, ohne die Kernziele des Unternehmens zu gefährden. Dann können – analog zur Lagerhaltung – Korridore und Bandbreiten im Sinne von Warn- bzw. Handlungssignalen genutzt werden.
Diese Fähigkeiten (man nennt sie "Resilienz") werden immer mehr zu einem wesentlichen Teilgebiet der Strategie – aber eigentlich haben erfolgreiche Innovatoren und Unternehmer das zu allen Zeiten getan. Sie haben es nur anders genannt: Testen, Testen, Testen!
Führungskennzahlen sind sinnvoll, wenn sie die Aufmerksamkeit auf das Entwickeln und Ausschöpfen von Potenzialen ausrichten (s. Abb. 7).
Abb. 7: Entwickeln und Ausschöpfen von Potenzialen
Die richtigen Dinge tun und die Dinge richtig tun
Dabei besteht der Zweck des strategischen Geschäfts darin, die Möglichkeiten und Fähigkeiten eines Unternehmens so zu entwickeln, dass die angestrebten Ziele erreicht werden und das Unternehmen seine Marktposition stabilisieren oder ausbauen kann (die richtigen Dinge tun). Demgegenüber besteht die Aufgabe des operativen Geschäfts darin, die verfügbaren Potenziale so auszuschöpfen, dass die Strategie des Unternehmens finanziert werden kann (die Dinge richtig tun). Dazu muss der Controller-Service die Kosten der Strategie zumindest abschätzen können, um einen Bezugspunkt für die Finanzkraft des operativen Geschäfts zu schaffen. Um strategisches und operatives Geschäft mit hilfreichen Kennzahlen begleiten zu können, benötigen wir einen ausgewogenen Mix an Früh- und Spätindikatoren (s. Abb. 8).
Abb. 8: Früh- und Spätindikatoren
Wer messen will, muss konkret sein
Mit den Frühindikatoren haben viele Controller Schwierigkeiten. Das hat vor allem damit zu tun, dass wir bei "Überschriften" stehen bleiben: "Motivation" oder "Zufriedenheit" sind Beispiele dafür. Dann kommt schnell die Aussage: "Das kann man nicht messen" – oder es werden komplizierte Indizes aus einer Vielzahl einzelner Faktoren und deren Gewichtungen gebildet. Das Problem besteht wie bei den erfolgskritischen Faktoren in der Angst davor, konkret zu werden und sich zu fokussieren. Wenn wir wissen, was wir konkret tun wollen und uns auf das dafür Wesentliche konzentrieren, kommen wir von den Überschriften zu messbaren Zielen. Im ersten Kapitel haben wir im Zusammenhang mit dem ZAK-Prinzip dafür ein Beispiel beschrieben.