Leitsatz (amtlich)
Eine Versicherung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG (Habilitätsversicherung) kann nicht allein deswegen beanstandet werden, weil sie bereits mehrere Monate vor der Einreichung beim Registergericht abgegeben worden ist. Anderes gilt nur dann, wenn sich Zweifel an der Richtigkeit der Versicherung ergeben.
Normenkette
FamFG § 26; GmbHG § 6 Abs. 2 S. Nr. 2, Abs. 2 S. Nr. 3, § 67 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 81 HRB 175107) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 31. Januar 2022 aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligte (nachfolgend auch nur: "Gesellschaft") ist seit dem Jahr 2016 im Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Geschäftsführer ist Herr M.
Am 20. August 2021 beschloss die Gesellschafterversammlung, die Gesellschaft mit Ablauf des 31. Dezember 2021 aufzulösen, Herrn M. als Geschäftsführer abzuberufen und ihn stattdessen als Liquidator zu bestellen.
Ebenfalls am 20. August 2021 unterzeichnete Herr M. eine notariell beglaubigte Anmeldung, in der die oben genannten Tatsachen zum Handelsregister angemeldet werden; zudem gab Herr M. in der Anmeldung die Versicherungen gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG (nachfolgend auch nur: "Habilitätsversicherung") ab.
Nachdem die Anmeldung am 19. Januar 2022 zum Handelsregister eingereicht worden war, beanstandete das Amtsgericht mit Zwischenverfügung vom 31. Januar 2022, dass die Habilitätsversicherung "zu alt" sei, da sie bereits am 20. August 2021 abgegeben worden, die Anmeldung aber erst jetzt beim Handelsregister eingegangen sei. Es sei daher die Einreichung einer "aktuellen" Habilitätsversicherung erforderlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gesellschaft, der das Amtsgericht nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig.
a) Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG der statthafte Rechtsbehelf gegen die Zwischenverfügung vom 31. Januar 2022.
b) Die Beschwerde der Beteiligten ist form- (vgl. § 64 Abs. 2 FamFG) und fristgerecht (vgl. § 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt. Die Beteiligte ist auch beschwerdebefugt, da die Anmeldung, die Gegenstand der angefochtenen Zwischenverfügung ist, auf eine Eintragung gerichtet ist, die die Beteiligte betrifft. Die Anmeldung bezieht sich zudem auf die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft, so dass angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Eintragungen auch der notwendige Beschwerwert nach § 61 Abs. 1 FamFG erreicht wird (vgl. zu dieser Frage etwa Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2019 - 22 W 52/19 -, Rn. 8, juris).
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, denn das vom Amtsgericht angenommene und zum Gegenstand der Zwischenverfügung gemachte Eintragungshindernis besteht nicht. Die vom Geschäftsführer in der Anmeldung unter II. abgegebene Habilitätsversicherung ist nicht "zu alt" und auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
a) Nach § 67 Abs. 3 Satz 1 GmbHG hat der Liquidator in der Anmeldung zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung nach § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG entgegenstehen, und dass er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden ist. In §§ 66 Abs. 4, 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GmbHG ist geregelt, dass Liquidator nicht sein kann, wer aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt. Nach §§ 66 Abs. 4, 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 GmbHG kann Liquidator nicht sein, wer wegen einer der dort näher bezeichneten vorsätzlich begangenen Straftaten bzw. wegen einer vergleichbaren Tat im Ausland verurteilt worden ist.
b) Die Verpflichtung zur Abgabe der Versicherung des Liquidators soll wie die entsprechende Erklärung bei der Errichtung einer Gesellschaft (§ 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG) oder bei der Änderung in der Person des Geschäftsführers (§ 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG) das Anmeldungs- und Prüfverfahren erleichtern. Mit der Einführung der Versicherung des Geschäftsführers/Liquidators, dass keine der im Gesetz genannten Umstände seiner Bestellung entgegenstehen, wollte der Gesetzgeber das Registergericht der Notwendigkeit entheben, bei jeder neuen Gesellschaftsgründung und bei jeder Veränderung in der Person der Geschäftsführer/Liquidatoren eine Auskunft aus dem Zentralregister einholen zu müssen, obwohl nur in Ausnahmefällen die Voraussetzungen der Bestellungshindernisse nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG gegeben sein werden. Die Versicherung hat den Zweck, dem Registergericht auf schnelle und einfache Art diejenigen Informationen zu vermitteln, die es sich ansonsten - unter erhöhtem Verwaltungsaufwand - durch ein Auskunftsersuchen gemäß ...