Leitsatz (amtlich)

1. Die Entstehung der Gebühr nach RVG VV Nr. 2504 setzt voraus, dass zunächst ein Plan zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO erstellt wurde, auf dessen Grundlage eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern herbeigeführt werden soll.

2. Ein solcher Plan muss schriftlich vorliegen und als Schuldenbereinigungsplan erkennbar sein. Inhaltlich gehört in den Plan eine Erklärung darüber, inwieweit Sicherheiten der Gläubiger vorhanden sind.

3. Ob es bei Vorliegen eines solchen Plans genügt, dass die außergerichtliche Einigung mit nur einem - dem einzigen - Gläubiger angestrebt wird, bleibt offen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 24.08.2005; Aktenzeichen 82 T 284/05)

AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 70a II 4400/04)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die weitere Beschwerde ist gem. § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

2. In der Sache hat die weitere Beschwerde keinen Erfolg. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das LG die Entstehung einer Gebühr nach Nr. 2604 VV-RVG a.F. (Nr. 2504 in neuer Zählung) i.H.v. 224 EUR verneint.

a) Es kann dahinstehen, ob dem LG darin zu folgen ist, dass eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2604 VV-RVG a.F. bereits durch eine Tätigkeit des Rechtsanwalts mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung mit nur einem Gläubiger entsteht. Gegen diese Auslegung spricht der Wortlaut des Gebührentatbestandes, der von einer "Tätigkeit mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung" spricht. Zwar geht die heute wohl herrschende Meinung im Bereich des Insolvenzrechts von der Zulässigkeit eines Insolvenzantrages, in dessen Vorfeld die Durchführung einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung in § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO gefordert wird, auch bei Vorhandensein nur eines Gläubigers aus, weil der Schuldner anderenfalls unzulässigerweise von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen würde (Pape ZVE 2003, 624 m.w.N.). Doch ist in der Rechtsprechung zum Insolvenzrecht auch die Auffassung vertreten worden, ein Insolvenzantrag sei nur bei Vorhandensein mehrerer Gläubiger zulässig (vgl. die Nachweise bei Pape, a.a.O., Fußnote 3). Aus der Bezugnahme auf § 305 Abs. 1 Nr. 1 in Nr. 2604 VV-RVG a.F. bzw. § 132 Abs. 4 BRAGO kann daher nicht ohne weiteres auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, eine Erhöhung der Gebühren ggü. der einfachen Geschäftsgebühr solle auch dann eintreten, wenn der Schuldner nur einen einzigen Gläubiger hat und der Rechtsanwalt mit diesem Verhandlungen über die Schuldenbereinigung führt. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spricht eher für die gegenteilige Auffassung. Eine erhöhte Gebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Rahmen der Beratungshilfe zur Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans ist erstmals mit der Regelung des § 132 Abs. 4 BRAGO in der Fassung vom 1.1.1999 eingeführt worden (BGBl. 1998 I 2030 f.). In der gesetzlichen Begründung (BT-Drucks. 13/10871, 13) heißt es hierzu, eine besondere Problematik ergebe sich im Falle der Beratungshilfe hinsichtlich der an den im Rahmen der außergerichtlichen Schuldenbereinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO tätigen Rechtsanwalt zu zahlenden Gebühren. Die Höhe der Gebühren hänge entscheidend davon ab, ob die außergerichtliche Schuldenbereinigung als eine Angelegenheit i.S.v. § 13 BRAGO anzusehen oder ob von mehreren Angelegenheiten auszugehen sei, weil gesonderte Verhandlungen mit jedem Gläubiger geführt würden. Im Fall einer Auslegung des Begriffs "Angelegenheit" in der Weise, dass von mehreren Angelegenheiten auszugehen sei, würde eine erhebliche Kostenlast auf die Landeskassen zukommen. Bei der anderen denkbaren Auslegung würden die Anwälte unzureichende Gebühren erhalten. Eine ausdrückliche Regelung in § 132 BRAGO sei deshalb geboten. Der Gesetzgeber wollte also mit der Gebührenerhöhung den Mehraufwand des Rechtsanwalts ausgleichen, der sich aus Verhandlungen mit mehreren Gläubigern ergibt. Die ab dem 1.1.2002 geltende Änderung des § 132 Abs. 4 BRAGO, nach der sich die Gebühr i.H.v. 224 EUR bei mehr als 5, mehr als 10 und mehr als 15 Gläubigern um jeweils 112 EUR erhöht, hat der Gesetzgeber damit begründet, dass sich die Höhe der Vergütung für die nach außen gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts zur Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern als unzureichend erwiesen habe, wenn der Schuldner eine Vielzahl von Gläubigern habe (BT-Drucks. 14/5680, 34). Die Erhöhung der Gebühr rechtfertigt sich also mit dem Mehraufwand, der sich für den Rechtsanwalt daraus ergibt, mit einer Mehrzahl von Gläubigern - dementsprechend erschwerte - Verhandlungen führen zu müssen. Dann aber ist es kaum gerechtfertigt, dass ein Rechtsanwalt, der im Rahmen der Beratungshilfe Vergleichsverhandlungen mit einem von mehreren Gläubigern führt, nur die einfache Geschäftsgebühr nach Nr. ...

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