Wann sind die Kosten eines Terminsvertreters erstattungsfähig?
In der gerichtlichen Praxis treten immer wieder Probleme bei der Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines reinen Terminsvertreters auf. Dieser wird in der Regel zur Ersparnis von Aufwendungen des Hauptbevollmächtigten für die Wahrnehmung eines Termins bei einem auswärtigen Gericht beauftragt.
Terminsvertreterin adressierte Rechnung an Hauptbevollmächtigten
In einem kürzlich vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Erstattungsfähigkeit der Gebühren einer unterbevollmächtigten Rechtsanwältin. Sie war für einen nicht in Berlin ansässigen Hauptbevollmächtigten zweimal vor dem LG Berlin aufgetreten. In einer an den Hauptbevollmächtigten gerichteten Rechnung berechnete sie für ihre Tätigkeit u.a. eine 0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3401 VV RVG.
0,65 Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsbeschluss nicht berücksichtigt
Nach Abschluss des Verfahrens setzte das LG die entstandene Terminsgebühr antragsgemäß fest, verweigerte jedoch die Festsetzung der von den Klägern beantragten 0,65 Verfahrensgebühr der Unterbevollmächtigten in Höhe von insgesamt 352,72 Euro. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb ebenso wie die Rechtsbeschwerde beim BGH ohne Erfolg.
In welchen Fällen sind die Kosten des Terminsvertreters erstattungsfähig?
Der BGH stellte klar, dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten, der als Terminsvertreter Termine bei einem auswärtigen Gericht wahrnimmt, sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet (BGH, Beschluss v. 10.7.2012, VIII ZB 106/11). Hiernach sind die Kosten eines unterbevollmächtigten Terminsvertreters dann zu ersetzen, wenn
- es sich um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung handelt.
- Dies ist dann der Fall, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden und
- die Kosten des Unterbevollmächtigten die ersparten Reisekosten nicht wesentlich (Wesentlichkeitsgrenze: 1/10) übersteigen (BGH, Beschluss v. 30.8.2022, VIII ZB 87/20; BGH Beschluss vom 6.11.2014, I ZB 38/14).
- Wird der Termin nach Beauftragung des Terminsvertreters aufgehoben, ermäßigt sich dessen Gebühr auf eine 0,5 Verfahrensgebühr.
- Die Kosten sind auch bei vorzeitiger Terminsaufhebung bis zur Höhe von 110 % der fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erstattungsfähig (OLG Celle, Beschluss v. 26.1.2012, 2 W 16/12).
Beauftragung des Terminsvertreters muss im Namen der Partei erfolgt sein
Darüber hinaus ist nach der Entscheidung des BGH für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Terminsvertreter nach dem RVG erforderlich, dass die von diesem vertretene Partei selbst oder der Hauptbevollmächtigte im Namen der Partei den Auftrag zu Terminsvertretung erteilt hat (BGH, Beschluss v. 13.7.2011, IV ZB 8/11). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Kosten des Terminsvertreters nicht nach dem RVG erstattungsfähig sind, wenn der Hauptbevollmächtigte dem Terminsvertreter den Auftrag zur Terminswahrnehmung im eigenen Namen erteilt hat. In diesem Fall ist der Terminsvertreter lediglich Erfüllungsgehilfe des Hauptbevollmächtigten.
Erstattungsfähigkeit ist glaubhaft zu machen
Die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit hat eine Partei im Rahmen ihres Kostenfestsetzungsantrags glaubhaft zu machen, § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO. An der Glaubhaftmachung fehlte es nach Auffassung des BGH im entschiedenen Fall. Zur Glaubhaftmachung hatte der Hauptbevollmächtigte lediglich die an ihn gerichtete Rechnung der Unterbevollmächtigten sowie die erteilte Untervollmachtsurkunde vorgelegt. Beide Urkunden sprechen nach der Bewertung des BGH nicht für eine Beauftragung unmittelbar durch die Prozesspartei und auch nicht für eine Beauftragung durch den Hauptbevollmächtigten im Namen der von ihm vertretenen Partei.
Glaubhaftmachung nicht gelungen
Die nach dem Gesetz erforderliche Glaubhaftmachung war damit nach der Entscheidung des BGH nicht gelungen. Vielmehr sei nach der Sachlage eine Beauftragung im eigenen Namen des Hauptbevollmächtigten ebenso wahrscheinlich, zumal die Rechnung der Unterbevollmächtigten unmittelbar an ihn adressiert sei.
Terminsvertreterin hätte gegenüber Prozesspartei abrechnen müssen
Für dieses Ergebnis spricht nach Auffassung des BGH auch der Wortlaut des § 10 RVG. Danach kann ein Rechtsanwalt eine Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Nach dieser Vorschrift wäre also eine Adressierung der Abrechnung der Terminsvertreterin an die Prozesspartei erforderlich gewesen. Die Abrechnung gegenüber dem Hauptbevollmächtigten war nicht ausreichend (BGH, Beschluss vom 13.7.2011, IV ZB 8/11).
Einsparung von Reisekosten spricht nicht für Prozesspartei als Auftraggeber
Als unerheblich sah der BGH das mit der Rechtsbeschwerde vorgebrachte Argument an, der Sitz des Hauptbevollmächtigten sei vom Gerichtsort Berlin weit entfernt. Mit der Unterbevollmächtigung seien Reisekosten in Höhe von ca. 600 EUR eingespart worden. Die erzielte Einsparung lässt nach Auffassung des BGH keinen Rückschluss auf die Person des Auftraggebers zu.
Terminsvertreterkosten auch nicht als Aufwendungsersatz erstattungsfähig
Schließlich sind die Kosten nach Auffassung des BGH auch nicht im Rahmen des Aufwendungsersatzes gemäß §§ 675, 670 BGB als Auslagen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG erstattungsfähig. Ein Auftragnehmer habe gemäß § 670 BGB Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn er im tatsächlichen oder mutmaßlichen Fremdinteresse tätig werde. Die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten liege aber im Eigeninteresse des Hauptbevollmächtigten, der eine ihn persönlich treffende Pflicht zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins an eine Terminsvertreterin übertragen habe. Die Vorschriften zum Aufwendungsersatz seien daher nicht einschlägig.
Rechtsbeschwerde erfolglos
Im Ergebnis blieb der Rechtsbeschwerde damit der Erfolg versagt
(BGH, Beschluss v. 9.5.2023, VIII ZB 53/21)
Hintergrund:
Wird ein Rechtsstreit vor einem auswärtigen, vom Sitz des Hauptbevollmächtigten entfernt liegenden Gericht geführt, so wird häufig - falls nicht von der Möglichkeit einer digital per Video geführten Verhandlung Gebrauch gemacht wird - ein Terminsvertreter bestellt. Der Terminsvertreter rechnet seine Vergütung nach Nrn. 3401 ff VV ab.
Verfahrensgebühr
Gemäß Nr. 3401 VV RVG erhält der Terminsvertreter regelmäßig eine 0,65 Verfahrensgebühr (1/2 der Verfahrensgebühr des Hauptbevollmächtigten). Vertritt der Terminsvertreter mehrere Auftraggeber erhöht sich die Gebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG um 0,3 je weiterem Auftraggeber, maximal um 2,0. Entfällt der Termin, so reduziert sich die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3401 VV RVG auf 0,5.
Termins- und Einigungsgebühr
Neben der Verfahrensgebühr erhält der Terminsvertreter nach Nr. 3402 VV RVG eine Terminsgebühr, also üblicherweise in Höhe von 1,2 gemäß Nrn. 3104, 3202 VV RVG. Wirkt der Terminsvertreter an einer Einigung mit, so erhält er auch die Einigungsgebühr in Höhe von 1,0.
Gebührenteilungsvereinbarung ist zulässig
Die häufig praktizierte Vereinbarung einer Gebührenteilung zwischen Hauptbevollmächtigtem und Terminsvertreter ist gemäß § 49b Abs. 3 BRAO zulässig.
Beauftragung des Terminsvertreters im Namen des Hauptbevollmächtigten
Wird der Terminsvertreter im Namen des Hauptbevollmächtigten beauftragt, so gilt das RVG für die Abrechnung des Terminsvertreters nicht. Für die Vergütung gelten die zwischen ihm und dem Hauptbevollmächtigten getroffenen Absprachen.
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