Probleme und Fragen rund um den Terminsvertreter
Die Terminsvertretung wird von manchen Anwaltskanzleien als eigenständiger Geschäftszweig betrieben. Diverse Angebote im Internet weisen darauf hin, dass die Übernahme von Terminsvertretungen durchaus lukrativ sein kann. Durch die in der Praxis immer häufiger angewandte Möglichkeit der Teilnahme an Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz dürfte die Bedeutung der Terminsvertretung in Zukunft eher abnehmen.
Terminsvertretung aus unterschiedlichen Gründen
Die Übertragung der anwaltlichen Vertretung in Gerichtsterminen vom Hauptbevollmächtigten auf einen anderen Anwalt kommt in der Praxis häufig bei zeitlicher Verhinderung des Prozessbevollmächtigten oder bei Gerichtsterminen an vom Sitz des Prozessbevollmächtigten weit entfernten Gerichtsorten vor. Welche Rechte und Pflichten den Terminsvertreter treffen, wie sorgfältig er sich in den Streitstoff einarbeiten muss, ob er Vergleiche schließen darf und wer schließlich die durch die Vertretung entstehenden zusätzlichen Kosten zu tragen hat, sollte bei der Beauftragung zur Terminsvertretung klar geregelt werden.
Schlecht vorbereitete Terminsvertreter sind häufige Praxis
Grundsätzlich haben sich Terminsvertreter auf einen Gerichtstermin gründlich vorzubereiten. In der Praxis sind Terminsvertreter häufig nicht einmal im Besitz der Handakte. Eine solche Vorgehensweise kann für den Hauptbevollmächtigten gefährlich werden, denn der Terminsvertreter hat vor Gericht grundsätzlich die gleichen prozessualen Befugnisse wie der Hauptbevollmächtigte, d. h. er kann prozessleitende Anträge stellen und z. B. Vergleiche abschließen. Im Innenverhältnis zwischen Hauptbevollmächtigtem und Terminsvertreter wird deshalb häufig vereinbart, dass Vergleiche nur unter Gewährung einer Widerrufsfrist geschlossen werden dürfen.
Volle Haftung des Hauptbevollmächtigten seinem Mandanten gegenüber
Seinem Mandanten gegenüber haftet der Hauptbevollmächtigte i. d. R. in vollem Umfange für Fehler des Terminsvertreters. Im Verhältnis zum Mandanten ist der Terminsvertreter nämlich lediglich Erfüllungsgehilfe des Hauptbevollmächtigten (BGH, Beschluss v. 9.5.2023, VIII ZB 53/21).
Haftung des Terminsvertreters ist die Ausnahme
Die Haftung des Terminsvertreters gegenüber dem Hauptbevollmächtigten richtet sich nach den konkret getroffenen Vereinbarungen. Eine unmittelbare Haftung gegenüber dem Mandanten kann im Einzelfall in Betracht kommen, z. B. wenn der Mandant einen bestimmten Terminsvertreter wegen dessen fachlicher Kompetenz auf einem speziellen Gebiet ausgewählt und eine Vertretung im Gerichtstermin speziell durch diesen Anwalt gewünscht hat.
Die gesetzliche Vergütung des Terminsvertreters
Die gesetzliche Vergütung des Terminsvertreters richtet sich nach Nr. 3401 VV RVG.
- Hiernach entsteht ein Anspruch auf die Hälfte der Verfahrensgebühr eines Prozessbevollmächtigten.
- Daneben erhält der Terminsvertreter die Terminsgebühr gemäß Nr. 3402 VV sowie
- eine Einigungsgebühr in Höhe von 1,0 bzw. in Höhe von 1,5, wenn nicht im Verfahren anhängige Streitpunkte in die Einigung einbezogen werden.
Der Prozessbevollmächtigte selbst erhält in diesen Fällen die reguläre Verfahrensgebühr. Die Terminsgebühr erhält er nur dann, wenn er selbst an einem gerichtlichen Termin oder an einem Sachverständigentermin teilnimmt oder er selbst mit dem Gegner verhandelt.
Wer trägt die Kosten des Terminsvertreters?
In einer Entscheidung vom Mai 2023 hat der BGH den Grundsatz aufgestellt, dass im Zuge einer gerichtlichen Gebührenfestsetzung die Gebühren für einen Terminsvertreter nur dann Berücksichtigung finden können, wenn die vertretene Partei selbst den Terminsvertreter beauftragt oder wenn der Hauptbevollmächtigte die Beauftragung des Terminsvertreters ausdrücklich im Namen seiner Partei erklärt hat. Hat die hauptbevollmächtigte Kanzlei den Terminsvertreter im eigenen Namen ohne Beauftragung durch die Partei engagiert, so ist eine Berücksichtigung der hierdurch entstehenden Kosten im Rahmen eines Kostenfestsetzungsbeschlusses gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht zulässig (BGH, Beschluss v. 9.5.2023, VIII ZB 53/21).
Kein Aufwendungsersatzanspruch des Hauptbevollmächtigten
In dieser Entscheidung hat der BGH auch der zuvor häufig vertretenen Auffassung eine Absage erteilt, dass Kosten des Terminsvertreters als Ersatz für entstandene Aufwendungen des Hauptbevollmächtigten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 RVG in Verbindung mit §§ 675, 670 BGB erstattungsfähig seien. Die Kosten des Terminsvertreters bewertet der BGH nicht als Aufwendungen, denn der Hauptbevollmächtigte erteilte den Auftrag nicht für fremde, sondern für eigene Zwecke, nämlich zur Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht gegenüber seinem Mandanten.
Ausweg: Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten
Vergütungsvereinbarungen zwischen dem Hauptbevollmächtigten und dem Terminsvertreter sind grundsätzlich gemäß § 49 Abs. 3 Satz 2 BRAO zulässig. Jedoch kann der Hauptbevollmächtigte diese Kosten nicht ohne Weiteres an seinen Mandanten weitergeben.
Der einzig gangbare Ausweg aus diesem Gebührendilemma liegt für den Hauptbevollmächtigten darin, dass er mit seinem Mandanten eine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung über die Übernahme des mit dem Terminsvertreter vereinbarten Honorars trifft.
Kosten des Terminsvertreters können vom Gegner zu tragen sein
In der Rechtsprechung bisher nicht eindeutig entschieden ist die Frage, ob im Fall eines Obsiegens die Kosten eines Terminsvertreters von der unterliegenden Partei zu erstatten sind. Für die Pflicht zur Kostenübernahme sprechen einige, zum Teil ältere Entscheidungen des BGH, wonach die Kosten eines Unterbevollmächtigten notwendige und damit erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sein können, wenn hierdurch Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden und die Höhe dieser Reisekosten durch die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten nicht wesentlich (maximal 10 %) überschritten wird (BGH, Beschluss v. 30.8.2022, VIII ZB 87/20; BGH, Beschluss v. 6.11.2014, I ZB 38/14).
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