Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; StGB §§ 14, 266a; GmbHG §§ 11, 13, 35
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 23/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Berlin vom 9.4.2001 – 24 O 23/01 – geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung wegen rückständiger Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur Sozialversicherung in Anspruch, die die a.-GmbH in der Zeit vom 1.5.1997 bis 31.10.1997 zu entrichten hatte. Dem liegt Folgendes zugrunde:
Mit Gesellschaftsvertrag vom 9.11.1996 wurde die a.-GmbH von den Gesellschaftern M. und A. mit Sitz in L. gegründet. M. hielt 3/5 des Stammkapitals von 50.000 DM und wurde zum Geschäftsführer bestellt. Die Gesellschaft wurde am gleichen Tag zur Eintragung im Handelsregister angemeldet, die Stammeinlagen waren bewirkt (Registerakten des AG Potsdam, HRB …). Die GmbH i.G. nahm im November 1996 den Geschäftsbetrieb auf und meldete Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an.
In notarieller Verhandlung vom 5.4.1997 wurde der Gesellschaftsvertrag geändert (Sonderband der Handelsregisterakten Bl. 30 ff.). M. verkaufte seinen Gesellschaftsanteil an den Beklagten. Mit Wirkung vom 1.4.1997 legte er sein Amt als Geschäftsführer nieder, als neuer Geschäftsführer wurde der Beklagte bestellt. Im Geschäftsführervertrag vom 1.4.1997 (Bl. 19 f. der Beiakten S 50 AL ../99 Sozialgericht Berlin) wurde bestimmt, dass der Geschäftsführer die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers i.S.d. arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahrzunehmen habe. Für seine Tätigkeit sollte er ein festes Monatsgehalt von 4.500 DM erhalten. Zugleich schloss der Beklagte mit M. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Fa. a.s.-GmbH in J. (im Folgenden: a.s.) – einen Treuhandvertrag (Bl. 138–144 d.A.). Danach hielt er den von M. erworbenen Gesellschaftsanteil als Treuhänder für die a.s. Dieser sollten im Innenverhältnis die Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag zustehen, als wenn sie auch nach außen mit dem Anteil des Beklagten beteiligt wäre; der Beklagte war verpflichtet, „die auf diese Weise von der Treugeberpartei getroffenen Entscheidungen und Anordnungen als Gesellschafter durchzuführen”, wofür ihn diese „wegen aller Verpflichtungen und Haftungen, die der Treuhänderpartei aus ihrer Gesellschafterstellung erwachsen, vollständig freizustellen” hatte.
Am 11.11.1997 wurde die a.-GmbH mit dem Beklagten als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen.
Bereits ab 24.4.1997 kam es wegen Beitragsrückständen zu wiederholten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Klägerin gegen die Beitragsschuldnerin. Am 5.8.1997 erließ die Klägerin gegen den Beklagten einen Haftungsbescheid wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. März bis 31.7.1997 i.H.v. ca. 33.800 DM zzgl. Säumniszuschlägen, für die der Beklagte als Gesellschafter der nicht im Handelsregister eingetragenen a.-GmbH i.G. einzustehen habe. Es ist streitig, ob dieser Bescheid zur Kenntnis des Beklagten gelangte. Der Beklagte setzte sich jedoch am 13.8.1997 telefonisch mit der Klägerin in Verbindung und kündigte die Zahlung eines größeren Geldbetrages an. Am 5./8.9.1997 erfolgte eine Scheckzahlung i.H.v. 6.354,24 DM, die von der Klägerin auf Rückstände bis einschl. April 1997 verrechnet wurde.
Der Geschäftsbetrieb der a.-GmbH wurde im Februar 1998 eingestellt; Löhne und Gehälter der Mitarbeiter waren nur noch bis einschl. Oktober 1997 – zuletzt mit Verspätung – ausgezahlt worden. Der Beklagte beantragte unter dem 6.2.1998 – Eingang 9.2. – beim AG Potsdam die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Er gab an, die Gesellschaft sei mit dem 20.1.1998 zahlungsunfähig. Das Guthaben i.H.v. 5.061,74 DM sei am 6.2.1998 von der Krankenkasse gepfändet worden. Bei den 12 Beschäftigten der Gesellschaft – einschl. des Beklagten – bestünden bis einschl. Dezember 1997 Lohnrückstände i.H.v. 66.295,57 DM. Aufgrund des Gutachtens des Rechtsanwalts S. vom 12.5.1998, auf das Bezug genommen wird (Beiakten 35 N ../98 des AG Potsdam – Gesamtvollstreckung –, Bl. 29 ff.), wurde der Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens durch Gerichtsbeschluss vom 18.5.1998 rechtskräftig mangels Masse abgewiesen. Einer Aktivmasse von 1 DM standen fällige Verbindlichkeiten von rd. 287.000 DM ggü.
Die a.-GmbH schuldet der Klägerin für die Zeit vom 1.11.1996 bis 31.1.1998 Sozialversicherungsbeiträge von 58.960,16 DM zzgl. Säumniszuschlägen. Für die Zeit vom 1.5. bis 31.10.1997 nimmt die Klägerin den Beklagten als Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin wegen Vorenthaltung der Arbeitnehmer-Beitragsanteile i.H.v. 14.296,77 DM gem. Aufstellung ...