Leitsatz (amtlich)
Unabhängig von der Befugnis der Gläubigerversammlung, entspr. § 132 Abs. 1 KO über die Bedingungen einer Geldanlage zu beschließen, hat der Gesamtvollstreckungsverwalter nach § 8 Abs. 1 GesO grundsätzlich die Pflicht, im ersten Zugriff für eine zinsgünstige Geldanlage zu sorgen. Den Gläubiger trifft jedoch ein erhebliches Mitverschulden, wenn er unter Berufung auf Sonderrechte die Verfügungsbefugnis des Gesamtvollstreckungsverwalters über das Geld in Frage stellt und selbst in der Lage ist, die zinsgünstige Anlage zu veranlassen.
Normenkette
KO § 132 Abs. 1; GesO § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 23 O 279/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.12.2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 23 des LG Berlin – 23 O 279/00 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 58.453,93 Euro (114.325,95 DM) nebst Zinsen i.H.v. 4,13 % vom 14.6.1999 bis zum 26.8.1999, 4,25 % vom 27.8.1999 bis zum 17.2.2000 und 5 % seit dem 18.2.2940 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 62 % und die Beklagte zu 38 % zu tragen.Die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin darf Sicherheit durch Beibringung einer unbefristeten, unwiderruflichen, unbedingten und selbstschuldnerischen Bürgschaft eines in der Europäischen Union als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Kreditinstituts leisten.
Tatbestand
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Anträge, des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil der Zivilkammer 23 des LG Berlin Bezug genommen, das der Beklagten am 22.1.2001 zugestellt worden ist. Die Beklagte hat dagegen am 21.2.2001 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.4.2001 am 28.3.2001 begründet.
Die Klägerin hat am 17.4.2002 Anschlussberufung eingelegt und das Rechtsmittel begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor: Sie habe sich bemüht, das Geld zur Masse zu ziehen und zwar sowohl ggü. den Banken als auch ggü. der Klägerin. Das sei nicht gelungen, weil die Klägerin wegen des Arrestbeschlusses vom 23.7.1992 ihre Zustimmung hätte erklären müssen. Die Klägerin habe dies unter Berufung auf ein Aussonderungsrecht und danach auf ein Absonderungsrecht verweigert. Wegen der nicht eindeutigen Rechtslage sei eine Klärung der Befugnisse hinsichtlich der Bankkonten erstmals durch den Vergleich vom 25.11.1996/28.2.1997 zu Stande gekommen. Mehrfache Verhandlungen zwischen den Parteien seien bis dahin ergebnislos geblieben. Die Klägerin habe keine Verwaltung der Bankguthaben der Gemeinschuldnerin erwartet und darauf verzichtet. Sie – die Beklagte – treffe kein Beratungsverschulden. Die Klägerin habe über die Möglichkeit der Festgeldanlage keinen Beratungsbedarf gehabt. Die Banken hätten auf einseitige Anweisung jeder Partei das Geld festverzinslich angelegt. Das Verhalten der Klägerin sei arglistig, weil sie das Geld für sich in Anspruch genommen habe. Die Klägerin hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, den Zinsschaden zu verhindern und treffe daher ein Mitverschulden. Sie – die Beklagte – habe keine Informationen über die Kontenentwicklung gehabt. Im Übrigen beruft sich die Beklagte weiterhin auf die Einrede der Verjährung.
Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt die Berufung zurückzuweisen; im Wege der Anschlussberufung, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 15.520,31 Euro nebst 4,13 % Zinsen vom 14.6.1999 bis zum 26.8.1999, 4,25 % Zinsen vom 27.8.1999 bis zum 17.2.2000 und 5 % Zinsen seit dem 18.2.2000 zu zahlen; ihr nachzulassen, eine etwa notwendige Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank zu erbringen.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend: Ausweislich des Gutachtens vom 10.9.1992 (Anlage K12) sei die Beklagte über die Kontenstände informiert gewesen. Die Beklagte habe nichts gegen die Kontenpfändung unternommen. Ihr – der Klägerin – könne nicht vorgeworfen werden, dass sie sich auf ein Absonderungsrecht berufen habe, weil die Rechtslage bis zur Entscheidung des BGH vom 26.1.1995 umstritten gewesen sei. Die Beklagte sei an der Einziehung der Gelder nicht gehindert gewesen. Sie sei nur daran gehindert worden, das Geld auf ein Verwaltersonderkonto umzubuchen. Ihre – der Klägerin – Weigerung, auf das Pfandrecht zu verzichten, habe die Beklagte nicht von...