Leitsatz
Kinderbetreuungskosten von beiderseits berufstätigen Ehegatten sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute und als Polizeibeamte im Schichtdienst beschäftigt. Die drei Kinder der Ehegatten waren im Streitjahr 1999 10, 8 und 7 Jahre alt. Den Abzug der Aufwendungen für die Kinderbetreuung (Au-pair-Beschäftigungsverhältnis) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beider Ehegatten lehnte das Finanzamt im Einspruchsverfahren ab.
Dagegen legten die Ehegatten Klage ein. Die Klage begründeten sie damit, dass sie ihre Berufe als Polizeibeamte nur ausüben könnten, wenn während der sich überschneidenden Zeit der Schichtdienste die Betreuung der Kinder gewährleistet sei. Dies belege die berufliche Veranlassung der Kinderbetreuungskosten.
Im Übrigen habe das BVerfG im Beschluß vom 4.12.2002, 2 BvR 400/98 zur Zweijahresfrist bei doppelter Haushaltsführung die notwendige Unterscheidung zwischen freier und beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits betont.
Im Streitfall stellten die Kinderbetreuungskosten zwangsläufigen, pflichtbestimmten Aufwand dar, der deshalb auch als Werbungskosten abziehbar sein müsse.
Entscheidung
Die Kinderbetreuungskosten der Kläger sind weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Kläger, noch als außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 c, 33 EstG) abziehbar.
Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten sind nach Auffassung des FG stets in einem nicht trennbaren Umfang zumindest auch privat (mit-)veranlasst. Als Folge daraus ist der Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen (§ 12 Nr. 1 EStG).
Auch aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
ergebe sich keine Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten.
Es sei auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht geboten, erwerbsbedingte Kinder- betreuungskosten als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben und damit auf der Stufe der Einkünfte-Ermittlung einkommensmindernd zu berücksichtigen.
Auch als außergwöhnliche Belastungen nach § 33 c EStG seien die Kinderbetreuungskosten nicht abzuziehen. § 33 c EStG sei zwar nach dem Beschluss des BverfG vom 10.11.1998 insoweit verfassungswidrig, als nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten grundsätzlich vom Abzug der Kinderbetreuungskosten ausgeschlossen seien. Die Vorschrift sei aber bis 31.12.1999 weiterhin anzuwenden.
Hinweis
- Das Begehren der Kläger, die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen, erweckt auf Anhieb viel Verständnis.
Gleichwohl entspricht die Entscheidung des FG verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Grundsätzen. Auch im Urteilsfall sind die Kinderbetreuungskosten primär durch die Lebensführung veranlasst.
Das BVerfG verneinte bereits in Entscheidungen der Vergangenheit die verfassungsrechtlich gebotene Notwendigkeit, Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen (siehe BVerfG, Beschluss v. 16.10.1984, 1 BvR 524/84, HFR 1985, 238, BVerfG, Beschluss v. 2107.1988, 1 BvR 1189/87, HFR 1989, 108 und BVerfG, Beschluss v. 24.9.1992, 1 BvR 1443/89, DStR 1993, 275).
Das vorliegende Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts betrifft das Streitjahr 1999. In diesem VZ war für beiderseits erwerbstätige Ehegatten ein Abzug von Kinderbetreuungs- kosten auch nach § 33 c EStG ausgeschlossen. Im Beschluss vom 10.11.1998 (2 BvR 1057/ 91, 2 BvR 1226/91 und 980/91, BStBl 1999 II S. 182) entschied das BVerfG, der Ausschluss nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten vom Abzug von Kinderbetreuungskosten sei verfassungswidrig. Gleichwohl sei § 33 c EStG noch bis Ende 1999 anzuwenden. Der Gesetzgeber müsse ab 2000 eine verfassungsmässige Regelung treffen. Durch das Erste Gesetz zur Familienförderung (BStBl 2000 I S. 4) trug der Gesetzgeber dem Beschluss des BVerfG Rechnung und führte ab VZ 2000 den Abzug eines Betreuungsfreibetrags für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs in Höhe von 3.024 DM je Kind ein.
Durch § 33 c EStG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung (BStBl 2001 I S. 533) wurde ab VZ 2002 auch für beiderseits erwerbstätige Ehegatten der Abzug von Kinderbetreuungskosten zugelassen. Damit hat der Gesetzgeber dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wohl ausreichend Rechnung getragen.
Die Kläger haben gegen dieses Urteil bereits Revision eingelegt (Az des BFH: VI R 42/03). Damit liegt für Einsprüche gegen ESt-Bescheide, in denen der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgaben-Abzug von Kinderbetreuu...