Leitsatz
Die Einkünfte und Bezüge eines sich in Ausbildung befindlichen Kindes sind für den Kalendermonat, in dem das Kind die Altersgrenze erreicht, gemäß § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG nur insoweit anzusetzen, wie sie auf die Zeit bis zum Erreichen der Altersgrenze entfallen.
Sachverhalt
Die Familienkasse (FK) hatte die Festsetzung des Kindergeldes für Januar bis Juli 2010 für die am 8.7.1985 geborene Tochter wegen Überschreitens des Grenzbetrags abgelehnt. Dabei hatte die FK die Einkünfte des Monats Juli in voller Höhe angesetzt. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, die für Juli 2010 erzielten Einkünfte nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs zu berücksichtigen. In diesem Fall lägen die Einkünfte ihrer Tochter unterhalb des anteiligen Jahresgrenzbetrages.
Entscheidung
Gem. § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG sind, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nur in einem Teil des Kalendermonats vorliegen, die Einkünfte und Bezüge nur insoweit anzusetzen, als sie auf diesen Teil entfallen. Der Auffassung der FK, § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG bezöge sich nur auf die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG, wozu die Altersgrenze nicht gehöre, folgt das Gericht nicht. Dem steht der eindeutige Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG entgegen. Dort heißt es: "Liegen die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nur in einem Teil des Kalendermonats vor,...". § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lautet folgendermaßen: "Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und ...". Hätte der Gesetzgeber § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG nur auf die in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) bis d) EStG genannten Anspruchsvoraussetzungen beziehen wollen, hätte er das in § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG zum Ausdruck gebracht. Nach der eindeutigen Gesetzesfassung bezieht sich diese Norm auf sämtliche Voraussetzungen, die § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG beinhaltet, und damit auch auf die Altersgrenze.
Hinweis
Obwohl das FG die Revision wegen der aus seiner Sicht klaren Gesetzeslage nicht zugelassen hatte, hat die FK NZB eingelegt und damit Erfolg gehabt. In dem Verfahren VI R 64/13 muss der BFH nun entscheiden, ob es sich bei dem Monat, in dem ein Kind das 21. bzw. 25. Lebensjahr vollendet, um einen Teilmonat i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG a.F. handelt. Aufgrund des Wegfalls der Einkünfte- und Bezügegrenze ab dem 1.1.2012 hat die Rechtsfrage keine Bedeutung mehr für die Zukunft. Für die Vergangenheit können betroffene Kindergeldberechtigte bei gleich gelagerten Sachverhalten im Rahmen der 4 jährigen Festsetzungsfrist noch rückwirkend Kindergeld beantragen, wenn nach tagegenauer Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Monats der Vollendung des 21. Bzw. 25. Lebensjahres der anteilige Jahresgrenzbetrag nunmehr unterschritten wird.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 11.03.2013, 3 K 1171/11