Leitsatz
Für verheiratete volljährige Kinder in Erstausbildung besteht ab 1.1.2012 auch dann ein Kindergeldanspruch, wenn die eigenen Einkünfte des Kindes und die Unterhaltsleistungen des Ehegatten den Grenzbetrag von 8.004 EUR überschreiten.
Sachverhalt
Die Familienkasse (FK) verwehrte der Klägerin das Kindergeld ab Januar 2012 für ihre 21-jährige verheiratete Tochter. Zur Begründung führte die FK aus, die Tochter könne selbst ihren Unterhalt finanzieren, da die Summe aus ihrer Ausbildungsvergütung und dem Unterhaltsbeitrag ihres Ehemanns den Grenzbetrag von 8.004 EUR überschreite. Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, ihre Tochter erfülle die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Eine Einschränkung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der ab 2012 gültigen Fassung, wonach ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums nur dann berücksichtigt werde, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, greife im Streitfall nicht, da es sich um eine Erstausbildung des Kindes handele. Darüber hinausgehende Voraussetzungen enthalte das Gesetz dagegen nicht.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Aufhebung des festgesetzten Kindergelds ab Januar 2012 rechtswidrig sei. Die Klägerin hat auch für die Zeit ab Januar 2012 Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter. Die Tochter befindet sich in Erstausbildung und hat das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet. Weitere Voraussetzungen fordert das Gesetz nicht für den Bezug von Kindergeld. Insbesondere sind seit der Gesetzesänderung zum 1.1.2012 die eigenen Bezüge der Kinder ohne Bedeutung. Dies gilt genauso für verheiratete Kinder. Daher muss auch bei diesen - entgegen der früheren Rechtsprechung des BFH - keine "typische Unterhaltssituation" mehr vorliegen. Die anderslautende Dienstanweisung des BZSt (31.2.2 DA FamEStG) ist nach Auffassung des FG rechtswidrig.
Hinweis
Die vom FG zugelassene Revision wurde von der FK eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. XI R 32/13 geführt. Da die FK an die Anweisungen in der DA FamEStG gebunden sind, werden sie in vergleichbaren Fällen die Gewährung des Kindergeldes ablehnen. Betroffene sollten daher bei gleichgelagerten Sachverhalten gegen die Ablehnungsbescheide Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das vorstehend genannte Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen. Mit Urteil v. 2.7.2013, 11 K 4300/12 Kg, AO hat das FG Münster die gleiche Entscheidung getroffen und ebenfalls die Revision zugelassen, welche jedoch nicht eingelegt wurde. Auch das Sächsische FG hat mit Urteil v. 13.6.2013, 2 K 458/13 Kg zu Gunsten der Kindergeldberechtigten entschieden.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 16.07.2013, 9 K 935/13