Leitsatz
Für verheiratete volljährige Kinder in Erstausbildung besteht ab 1.1.2012 auch dann ein Kindergeldanspruch, wenn die eigenen Einkünfte des Kindes und die Unterhaltsleistungen des Ehegatten den Grenzbetrag von 8.004 EUR überschreiten.
Sachverhalt
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes ab Juni 2012 für seine volljährige verheiratete Tochter. Die Familienkasse (FK) hatte die Gewährung des Kindergeldes abgelehnt, da die Höhe der Unterhaltsleistungen, die die Tochter von ihrem Ehegatten beanspruchen könne, einen Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ausschließe. Die FK vertrat die Ansicht, nach der Eheschließung sei davon auszugehen, dass die Unterhaltsverpflichtung vorrangig beim Ehepartner liege, so dass ab dem Folgemonat der Eheschließung grundsätzlich kein Kindergeldanspruch der Eltern mehr bestehe.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Aufhebung des festgesetzten Kindergelds ab Juni 2012 rechtswidrig sei. Der Kläger hat auch für die Zeit ab Juni 2012 Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter, da diese sich in Erstausbildung befindet und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Weitere Voraussetzungen fordert das Gesetz nicht für den Bezug von Kindergeld. Insbesondere sind seit der Gesetzesänderung zum 1.1.2012 die eigenen Bezüge der Kinder ohne Bedeutung. Dies gilt genauso für verheiratete Kinder. Daher muss auch bei diesen - entgegen der früheren Rechtsprechung des BFH - keine "typische Unterhaltssituation" mehr vorliegen. Die anderslautende Anweisung in der DA FamEStG (DA 3.2.2) ist rechtswidrig.
Hinweis
Die vom FG zugelassene Revision wurde von der FK eingelegt und wird beim BFH unter dem Az XI R 39/13 geführt. Da die FK an die Anweisungen in der DA FamEStG gebunden sind, werden sie in vergleichbaren Fällen die Gewährung des Kindergeldes ablehnen. Betroffene sollten daher bei gleich gelagerten Sachverhalten gegen die Ablehnungsbescheide Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das vorstehend genannte Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen. Auch das Sächsische FG hat mit Urteil v. 13.6.2013, 2 K 458/13 Kg zu Gunsten der Kindergeldberechtigten entschieden. Das Az der Revision lautet hierzu III R 34/13. Das FG München hat mit Urteil v. 20.2.2013, 9 K 3405/12 ebenfalls zu Gunsten der Kindergeldberechtigten entschieden. Das Az der Revision lautet hierzu III R 33/13. Sowohl der III. als auch der XI. Senat des BFH haben daher in den vorstehenden Verfahren die Frage zu prüfen, ob nach dem Wegfall der Prüfung eigener Einkünfte und Bezüge ab dem 1.1.2012 das seitens des BFH aufgestellte Erfordernis einer typischen Unterhaltssituation für den Anspruch auf Kindergeld für verheiratete volljährige Kinder entfallen ist.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.08.2013, 6 K 187/13