Leitsatz
Bei Kindern, die zum Zwecke der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass das Kind die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet.
Sachverhalt
Die Familienkasse (FK) hat die Gewährung des Kindergeldes für die Tochter des Klägers, welche seit ihrer Einschulung in eine israelische Grundschule ging und mit ihrer Mutter in Israel lebte, abgelehnt, da die Tochter keinen inländischen Wohnsitz habe. In dem Antrag auf Gewährung von Kindergeld gab der Kläger an, dass die Tochter nicht außerhalb seines Haushalts lebe. Am 10.5.2017 hob die FK die Kindergeldfestsetzung für die Tochter für den Zeitraum von Februar 2004 bis Dezember 2009 auf, da es an einem Wohnsitz der Tochter in Deutschland fehle, da diese bereits am 16.1.2004 nach Israel verzogen sei. Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, seine Tochter habe in den Streitzeiträumen ihren Wohnsitz in Deutschland gehabt. Sie habe ein eigenes Zimmer in der Wohnung des Klägers gehabt. Die Schule habe sie in diesem Zeitraum in Israel besucht, da dort ihr jüdischer Glaube berücksichtigt worden sei. Im Übrigen sei die Tochter Deutsche und habe aufgrund ihrer engen Bindung zur Wohnung des Klägers dort ihren Lebensmittelpunkt gehabt.
Entscheidung
Im Streitfall ist die Tochter im Alter von 3 Jahren mit ihrer nur die israelische Staatsbürgerschaft besitzenden Mutter nach Deutschland eingereist und bereits mit 7 Jahren in Israel eingeschult worden. Sie hat dort ihre gesamte Schulausbildung absolviert. Ihre Mutter hielt sich ebenfalls in Israel auf. Bei Kindern, die zum Zwecke der Schulausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein. Da diese Voraussetzung im Streitfall nicht erfüllt war, ist das FG davon überzeugt, dass der Mittelpunkt des familiären Lebens jedenfalls ab Anfang 2004 in Israel lag und die Tochter des Klägers im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt und daher keinen Anspruch auf Kindergeld nach § 63 Abs. 1 EStG hatte.
Hinweis
Mit diesem Urteil hat das FG weiter entschieden, dass der Taterfolg einer durch das Verschweigen eines zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führenden Umstands begangenen leichtfertigen Steuerverkürzung nicht laufend mit jeder monatlichen Auszahlung eintritt, sondern erst mit der letzten aufgrund des Verschweigens unberechtigt erhaltenen Auszahlung.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.06.2020, 7 K 7013/18